The Diviners_Rezi

Aufgewachsen in der langweiligen Kleinstadt Zenith in Ohio sah sich die inzwischen 17-jährige Evie O’Neill seit jeher zu etwas größerem berufen – nicht zuletzt aufgrund ihrer geheimnisvollen Gabe, die ihr auf unerklärliche Weise Geheimnisse über ihre Mitmenschen verrät. Nachdem sie durch einen etwas übermütigen Einsatz ihrer Fähigkeit einen handfesten Skandal in Zenith aufgelöst hat, wird sie zur Strafe von ihren Eltern in die Obhut ihres Onkels geschickt. Da dieser seinen Wohnsitz aber im schillernden New York und darüber hinaus kaum etwas anderes als die Forschungen in seinem eigentümlichen Museum im Sinn hat, wird die Verbannung für Evie jedoch wie ein Freifahrtschein ins Vergnügen, den das Mädchen auch in vollen Zügen auszunutzen gedenkt. Gemeinsam mit ihrer besten Freundin Mabel macht sie schon kurz nach ihrer Ankunft die Straßen der Stadt unsicher und genießt ihre neue Freiheit, nur um mit ihrer Neugier wenig später mitten in eine schaurige Mordermittlung zu stolpern, in die Evie vielleicht besser nicht in ihre Nase hineingesteckt hätte…

Von der öden Kleinstadt ins schillernde New York der 1920er-Jahre

New York, 1926: In Amerika regiert die Prohibition, doch auch trotz des strikten Alkoholverbotes kann man gerade als junger Mensch in der großen Stadt eine Menge Spaß haben – das denkt sich auch die 17-jährige Evie O’Neill, die ihre Strafversetzung aus ihrer beschaulichen Heimatstadt in Ohio unter die Fittiche ihres Onkels daher fast wie einen Lotteriegewinn feiert. Außerdem ist das Mädchen davon überzeugt, dass sie ohnehin für einen Ort wie New York geschaffen ist und die Stadt förmlich auf ihre Ankunft gewartet hat. Nur ein bisschen Glück und die richtige Kontakte und Evie sieht sich schon fast unter den schillernden Stars und Sternchen der Stadt, die Nacht für Nacht in den zahlreichen Varieté-Theatern gefeiert werden und von einer Party zur nächsten jagen. Auf ihrem Weg zum Ruhm setzt sie dabei auch auf ihre ganz spezielle Gabe, denn Evie kann anhand von nahezu beliebigen Gegenständen auf die intimsten Geheimnisse derer Besitzer schließen – eine Fähigkeit, die ihr zwar den ganzen Ärger in Ohio erst eingebrockt hat, in New York aber der Schlüssel zum Erfolg scheint, schließlich macht sie Evie selbst in dieser Stadt noch zu etwas besonderem. Allerdings ist die ambitionierte und durchaus etwas vorlaute junge Frau in Libba Brays Roman „The Diviners“ nicht die einzige Figur, die vom Schicksal mit besonderen Möglichkeiten gesegnet wurde…

Eine facettenreiche Stadt als heimlicher Star der Geschichte

Evies großes Abenteuer im Big Apple zählt nun wahrlich nicht zu den Geschichten, die mit einem atemberaubenden Tempo starten, auch wenn die eigenwillige Protagonisten gleich zu Beginn für großen Aufruhr und somit für den schnellen Szenenwechsel von Ohio nach New York sorgt. Dort angekommen nimmt sich Libba Bray jedoch erst einmal viel Zeit, um ihren Schauplatz mit Leben zu füllen, eine ganz spezielle Atmosphäre aufzubauen und ihre durchaus zahlreichen Charaktere behutsam einzuführen. Denn obwohl „The Diviners“ nur so vor vielfältigen Protagonisten strotzt und ein Großteil davon auch mit ähnlich geheimnisvollen Gaben wie Evie gesegnet ist, ist New York fast so etwas wie der heimliche Star der Geschichte. Dabei kristallisieren sich vor allem zwei der vielen Gesichter der Stadt als besonders prägend heraus: zum einen das schillernde Nachtleben mit den zahlreichen Clubs, knallbunten Revues und trotz offiziellem Alkoholverbotes feucht-fröhlichen Partys, auf der anderen Seite das mysteriöse, düstere und fast schon unheimliche Antlitz New Yorks mit schrecklichen Verbrechen und okkulten Sekten, die im Verborgenen ihren verstörenden Bräuchen nachgehen. Wer die Atmosphäre eines „The Great Gatsby“ mochte, wird sich auch in „The Diviners“ schnell heimisch fühlen, sei es wie Evie im Rampenlicht der Varietés oder in den dunklen Räumen des Museums, in dem ihr Onkel seinen geheimnisvollen Studien nachgeht.

New Yorks verlorene junge Seelen auf Serienkillerjagd

All diese vielen kleinen Facetten sorgen dafür, dass Libba Brays Roman trotz des eher gemächlichen Erzähltempos jederzeit packend ist und eine enorme Sogwirkung ausübt. Dennoch setzt die Autorin nicht nur auf Atmosphäre und ihre Charaktere, die alle ihre ganz besonderen Eigenheiten haben und jeweils auf ihre eigene Weise trotz ihres überwiegend noch jungen Alters schon eine große Bürde tragen müssen – nein, auch die Story selbst weiß voll zu überzeugen. Fast schon ein wenig überraschend ist dieses Buch in seinem Kern nämlich ein ziemlich düsterer und mit einigen Fantasy-Elementen angereicherter Kriminalroman, in dessen Mittelpunkt eine durchaus grausige Mordermittlung steht, bei der sich Libba Bray teilweise auch mit expliziten Details wahrlich nicht zurückhält. Dieser Kriminalfall trägt mit geheimnisvollen Symbolen, unheilvollen Prophezeiungen und anderen spirituellen Eigenheiten viel zur intensiven Stimmung der Geschichte bei und sorgt vor allem im Schlussdrittel auch für ein wirklich gutes Spannungsniveau.

Ein packender Roman mit spannender Story, überragender Atmosphäre und tollen Charakteren

„The Diviners“ hat also eine Menge zu bieten: ein einzigartiges Setting, eine tolle und sehr dichte Atmosphäre, eine spannende Geschichte und nicht zuletzt sehr lebendige Charaktere, die diesen Roman zu einem ganz besonderen Erlebnis machen. Man muss vielleicht auf den ersten 100 Seiten ein wenig Geduld mitbringen und wird möglicherweise auch mit der aufmüpfigen und mit einem sehr ausgeprägten Selbstbewusstsein gesegneten jungen Protagonisten nicht auf Anhieb warm werden, wer sich aber auf diesen Roman einlässt bekommt nicht nur eine großartige Geschichte geboten, sondern wird auch erleben, wie ihm die Figuren nach und nach immer mehr ans Herz wachsen und man später keinen einzigen davon mehr missen möchte. Da ist es umso erfreulicher, dass „The Diviners“ nicht das letzte Abenteuer mit Evie O’Neill und Co. war und die Fortsetzung „Lair of Dreams“ (ET: 25. August 2015) fast schon vor der Tür steht. Denn auch wenn der Auftaktband grundsätzlich eine in sich abgeschlossene Geschichte bietet, so weckt Libba Bray mit einigen kleinen Anspielungen bereits große Neugier in Bezug auf Band 2.

The Diviners
  • Autor:
  • Deutscher Titel: The Diviners – Aller Anfang ist böse
  • Reihe: The Diviners #1
  • Umfang: 578 Seiten
  • Verlag: Little, Brown Books for Young Readers
  • Erscheinungsdatum: 18. September 2012
  • Preis Geb. Ausgabe 19,50 €/eBook 5,99 €
Cover:
Charaktere:
Story:
Atmosphäre:
Gesamt:
9/10
Fazit:
Libba Bray ist mit ihrem Auftaktband „The Diviners“ ein beeindruckender Roman gelungen, der nicht nur mit seiner spannenden Story fesselt, sondern vor allem von der einzigartigen und zwischen schillerndem 1920er-Jahre-Nachtleben und düsterem Okkultismus schwankenden Atmosphäre sowie den lebendigen Charakteren lebt – auch wenn der eher gemächliche Einstig in die Geschichte womöglich ein wenig Geduld erfordert.

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