Tags: Francis Dolarhyde, Hannibal Lecter, Jack Crawford, Kannibale, Roter Drache, Serienkiller, Tooth Fairy, Will Graham
Genre: Thriller
Eigentlich hatte der ehemalige FBI-Agent Will Graham nach seinem Aufeinandertreffen mit dem kannibalistischen Serienkiller Hannibal Lecter, das Will nach einem erbitterten Kampf nur knapp überlebt hatte, mit der Verbrecherjagd abgeschlossen. Statt sich mit Gewalt und Tod herumzuplagen, genießt Graham lieber das entspannte Leben mit seiner Familie im sonnigen Florida. Als jedoch zwei Familien auf brutale Art und Weise ausgelöscht werden, bittet ihn sein früherer Vorgesetzter Jack Crawford um Hilfe: Will soll sich mit den beiden Mordfällen und den Tatorten vertraut machen und das FBI anschließend bei den Ermittlungen unterstützen, indem er sich mit seinem besonderen Instinkt in die Psyche des Serienkillers hineinversetzt und dessen nächste Schritte vorausahnt. Denn sowohl Crawford als auch Graham ist klar, dass der Täter aller Voraussicht nach ein weiteres Mal zuschlagen wird. Für Will bedeuteten die Ermittlungen jedoch auch einen Schritt zurück in die Vergangenheit und eine Konfrontation mit dem Mann, der ihm beinahe das Leben genommen hat…
Der erste (leider kurze) Auftritt des legendären Serienkillers Hannibal Lecter
Ich hatte mir schon seit Jahren einmal vorgenommen, die Hannibal-Lecter-Reihe von Thomas Harris zu lesen, die mit dem hochintelligenten Kannibalen wohl einen der verstörendsten Charaktere der Kriminalliteratur hervorgebracht hat. Letztendlich gab dann bei mir die TV-Serie „Hannibal“ den Ausschlag, endlich einmal mit den Büchern anzufangen, schließlich basiert deren Handlung nicht nur auf Harris‘ Romanen, sondern steuert mittlerweile auch immer mehr auf die Ereignisse von „Red Dragon“, dem ersten Band der Reihe, zu. Allerdings muss ich gleich zu Beginn dieser Rezension die Erwartungen ein wenig dämpfen, denn wer dieses Buch hauptsächlich lesen will, weil er an der Figur Hannibal Lecter interessiert ist, wird am Ende vermutlich enttäuscht sein. Dieser taucht nämlich nur in einer Handvoll Szenen auf und nimmt darin zwar entscheidenden Einfluss auf die Ereignisse, große Psychospielchen zwischen Lecter und dem FBI, insbesondere Will Graham, bleiben jedoch weitestgehend aus.
Interessante und fast schon tragische Täterfigur
Dafür liefert Thomas Harris mit Francis Dolarhyde – der den für einen Serienkiller wirklich undankbaren Namen „Tooth Fairy“ (also Zahnfee) verpasst bekommt – eine weitere interessante Täterfigur, welche zunächst wie ein skrupelloser Killer dargestellt wird, der ohne zu Zögern ganze Familien kaltblütig hinrichtet, im weiteren Verlauf aber fast schon zu einer tragischen Figur wird. Denn um die Identität seines Killers macht Harris zwar von Anfang an kein Geheimnis, dessen Motivation für seine grausamen Taten erschließt sich aber erst nach und nach, u.a. durch zahlreiche Rückblenden, welche die Vergangenheit Dolarhydes näher beleuchten und erklären, wie aus diesem Menschen ein Killer werden konnte. Diese Entwicklung wird vom Autor glaubwürdig dargestellt und fängt somit spannungstechnisch auch das ausbleibende Rätseln um die Identität des Mörders etwas auf.
Spannend, aber ein wenig überraschungsarm
Was „Red Dragon“ von Anfang an ein wenig fehlt, ist der ganz große Nervenkitzel. Die Beschreibung der beiden einleitenden Verbrechen geht zwar an die Nieren und zieht einen auch schnell in die Geschichte hinein, anschließend geht es jedoch eher ruhig zu – große Überraschungen oder dramatische Wendungen sucht man weitestgehend eher vergeblich. Francis Dolarhyde ist als Antagonist zwar interessant, kann dem Schrecken seines „Kollegen“ Hannibal Lecter aber insgesamt nicht das Wasser reichen, auch wenn dieser seinem vor allem durch die Verfilmungen mit Anthony Hopkins erworbenen Ruf hier noch nicht gerecht wird. Das ist ein wenig schade, denn von einem Roman, der auf dem Cover mit den Worten „The novel that created Hannibal Lecter“ beworben wird, erwartet man in dieser Hinsicht doch mehr.
Guter Serienkiller-Thriller mit zu wenig Hannibal-Lecter-Präsenz
Insgesamt betrachtet ist „Red Dragon“ somit zwar ein guter, aber nicht der erhofft furchteinflößende Thriller. Die Story bewegt sich auf einem soliden Spannungsniveau, die Charaktere können weitestgehend überzeugen und auch die Auflösung ist gelungen, wenngleich ein kleines Detail ein wenig stört. Es fehlt aber letztlich einfach der letzte Kick, den eine größere Präsenz Hannibal Lecters dem Buch vielleicht hätte verpassen können. Trotzdem war es beim Lesen amüsant, das Hannibal-Universum der Bücher mit dem der Serie zu vergleichen, zumal es gerade bei den Charakteren einige entscheidende Unterschiede gibt, so z.B. beim Geschlecht. Abschließend auch noch ein paar letzte Worte zur Verfilmung von „Red Dragon“ mit Edward Norton und Anthony Hopkins, denn diese kann man im direkten Buch-Film-Vergleich wirklich nur als sehr gelungen bezeichnen. Man ist hier insgesamt sehr nah am Roman geblieben und auch die Rollen wurden gut besetzt, vor allem Ralph Fiennes als Francis Dolarhyde wirkt sehr überzeugend. Es müssen ja auch zur Abwechslung mal die wenigen guten Buchverfilmungen erwähnt werden…
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Charaktere: | |
Story: | |
Atmosphäre: |
7/10