Tags: Elend, Epic Fantasy, Final Empire, Magie, Mistborn, Trilogie, Vin
Genre: Fantasy
Es sollte der entscheidende Schritt in eine friedvolle Zukunft werden, doch seitdem Vin an der Quelle der Erhebung die mysteriöse Macht „Ruin“ freigelassen hat, steht es um das Final Empire schlimmer als je zuvor. Ruin verfügt über ein eigenes Bewusstsein und hat es sich zum Ziel gesetzt, die Welt endgültig ins Verderben zu stürzen und zu zerstören – und Vin, Elend und ihre Verbündeten sind ihrem neuen Gegenspieler scheinbar schutzlos ausgeliefert. Der das ganze Land bedeckende Ascheregen wird mit jedem Tag stärker und auch der Nebel bringt immer mehr Tod über die Menschen – die Anzeichen für das Ende der Welt nehmen unübersehbar und unaufhaltsam zu. Fast schon verzweifelt ziehen Vin und Elend durch das Land, um die letzten Geheimnisse des Lord Rulers zu entschlüsseln und in ihnen vielleicht doch einen Weg zu finden, das ihnen drohende fatale Schicksal noch abwenden zu können. Doch dabei stoßen sie nicht nur überall im Land auf viel politischen und militärischen Widerstand, sondern müssen auch ihre eigenen moralischen Grenzen weit überschreiten…
Der Abschluss der „Mistborn“-Trilogie
Seit den dramatischen Ereignissen und der Freisetzung der zerstörerischen Macht Ruin in „The Well of Ascension“ ist ein weiteres Jahr vergangen, und auch zu Beginn von „The Hero of Ages“, dem dritten und abschließenden Band der ersten „Mistborn“-Trilogie von Brandon Sanderson, ist die Situation für Vin, Elend und ihre Mitstreiter nach wie vor hoffnungslos. Während das Final Empire mit jedem neuen Tag immer mehr in sich zerfällt, Tod und Asche das Land überziehen und Ruin unaufhaltsam wütet, klammern sich die Helden der Reihe an ihre letzte Hoffnung und durchkämmen jeden Winkel des Reiches nach Hinweisen auf die heimlichen Atium-Vorräte des in „The Final Empire“ gestürzten Lord Rulers, ohne die das Ende der Welt kaum noch aufzuhalten zu sein scheint. Und wenn man sieht, wie selbst die einst so kämpferischen und optimistischen früheren Rebellen immer mehr mit der alles einnehmenden Hoffnungslosigkeit kämpfen, dann muss man sich als Leser schon große Sorgen um einen glücklichen Ausgang dieser Geschichte machen.
Ein Kampf gegen die Hoffnungslosigkeit
Zwar beginnt „The Hero of Ages“ gleich zu Beginn mit einer actionreichen Schlacht zwischen Menschen und einer schier übermächtigen Koloss-Armee, dennoch geht es in der ersten Hälfte des erneut über 700 Seiten umfassenden Buches im Vergleich zum direkten Vorgänger mit seinen vielen kleinen und aufregenden Handlungssträngen deutlich ruhiger zu. Die Geschichte ist in dieser Phase sehr nachdenklich geraten und die Charaktere sind vorrangig damit beschäftigt, die Hoffnung nicht zu verlieren und sich selbst immer wieder zu hinterfragen. Elend ist als Herrscher damit beschäftigt, den richtigen Mittelweg zwischen gerechtem Anführer und unnachgiebigem Eroberer zu finden, denn um das Reich noch zu retten, werden von ihm viele unpopuläre Entscheidungen verlangt, die immer wieder auch unschuldige Opfer fordern. Vin hingegen stellt ihre Rolle in der uralten Prophezeiung in Frage und ist oft von Selbstzweifeln geplagt, zudem macht ihr nach wie vor ihre fatale Entscheidung am Ende des zweiten Buches zu schaffen. Und selbst ein zuvor so unerschütterlicher Charakter wie der Gelehrte Sazed scheint nach seinem schweren persönlichen Verlust den Glauben verloren zu haben und versucht verzweifelt Sinn und Trost in uralten Schriften und Religionen zu finden. Zu dieser inneren Konflikten gesellen sich zudem die offensichtlichen Vorboten des Endes der Welt, denn auch die Atmosphäre der Geschichte wird kontinuierlich immer düsterer und bedrückender: alles ist von einer dichten Aschedecke überzogen, die sämtliches Leben unter sich begräbt, Pflanzen und Nahrungsmittel bekommen kaum noch Sonnenlicht ab und wachsen nicht mehr und auch der Nebel wird immer dichter und gefährlicher – während andere Autoren in ihren Büchern immer wieder auf die drohende Apokalypse hinweisen müssen, hat man bei Brandon Sanderson hingegen das Gefühl, das man den Untergang der Welt tatsächlich am eigenen Leib erlebt und die Niedergeschlagenheit und Furcht der Charaktere sich auch auf die Leser überträgt.
Ein Lehrstück großer Erzählkunst
Was Sanderson dann aber in der zweiten Hälfte abliefert, lässt sich kurz und knapp mit einem einzigen Word beschreiben: Perfektion. Es ist unglaublich, wie der Autor nach und nach alle Puzzleteile ineinander fügt und dabei immer wieder in der Lage ist, seine Leser nicht nur zu überraschen, sondern völlig vor den Kopf zu stoßen – und das, obwohl selbst bei genauerer Betrachtung alles jederzeit absolut logisch ist und keine inhaltliche Wendung alleine des Effektes wegen erfolgt. Hier ist wirklich in jedem Satz zu erkennen, dass Brandon Sanderson seine Geschichte von Anfang an bis ins kleine Detail ausgearbeitet hat und nicht einfach nur von Buch zu Buch gedacht hat. Wie scheinbar nichtige Details aus dem ersten Band plötzlich im späten Verlauf eine bedeutende Rolle einnehmen und wirklich JEDES noch so kleines Element sich perfekt in das Große und Ganze einfügt, habe ich in einer derart überwältigen Form in meinem Leserleben erst ein einziges Mal erlebt: beim Lesen der Harry-Potter-Reihe von J.K. Rowling. Egal wie schlimm, niederschmetternd und herzzerreißend die Geschichte in vielen Momenten auch sein mag – man möchte im gleichen Moment aufspringen und applaudieren, weil Sandersons Erzählkunst einfach nur grandios und unglaublich faszinierend ist.
Grandiose Charakterentwicklung und ein faszinierend komplexes Handlungskonstrukt
Es ist ebenso beeindruckend, wenn man nach dem Ende der Trilogie noch einmal auf alles zurückschaut und sieht, wie Sanderson über drei Bücher hinweg die Komplexität seiner Geschichte fast spielerisch und für seine Leser kaum spürbar immer weiter gesteigert hat: Während alles in „The Final Empire“ mit einer sehr guten und packenden, aber zugleich auch überaus einsteigerfreundlichen Geschichte begann, das Magiesystem noch recht einfach gehalten wurde und auch der Schauplatz geografisch doch noch sehr beschränkt wurde, wurden das Handlungskonstrukt in „The Well of Ascension“ mit vielen aufregenden Nebensträngen immer weiter ausgearbeitet, die nun in „The Hero of Ages“ alle, aber auch wirklich alle, auf überragende Art und Weise zusammengeführt werden. Zudem darf man nun endlich auch das Final Empire ausgiebig bereisen und überall Zeuge der voranschreitenden Zerstörung und Hoffnungslosigkeit werden. Auch bei der Charakterentwicklung kann man vor Brandon Sanderson nur den Hut ziehen, denn es ist unglaublich faszinierend zu sehen wie sich die (überwiegend unfreiwilligen) Helden über die drei Bücher hinweg verändern und reifen – hier gibt es keine simple Schwarz/Weiß-Malerei, sondern jede Figur wird früher oder später vor unmöglich scheinende und moralisch sehr schwierige Entscheidungen gestellt und muss an diesen Erfahrungen wachsen. Dabei bleibt ihr Handeln aber jederzeit nachvollziehbar und Sanderson schafft es sogar, dass man selbst das Verhalten der Feinde immer verstehen kann – oft müssen Elend und Vin sogar selbst realisieren, dass ihre Widersacher auch nur ihren Überzeugungen folgen und nach bestem Wissen und Gewissen handeln.
Der überwältigend perfekte Abschluss einer grandiosen Fantasy-Reihe
Ich könnte diese Lobhudelei noch einige Absätze weiterführen, man kann es aber auch ganz einfach auf den Punkt bringen: Die zweite Hälfte von „The Hero of Ages“ ist vielleicht das Beste, was ich in meinem Leben gelesen habe und ich habe noch nie erlebt, dass eine derart komplexe und epische Geschichte so überwältigend und hundertprozentig zufriedenstellend zu Ende geführt wurde. Der Abschluss der ersten „Mistborn“-Trilogie ist atemberaubend, schockierend, erschütternd, tieftraurig, aber zugleich auch einfach unglaublich erfüllend und lässt einen trotz aller seelischen Schmerzen irgendwie glücklich zurück – wenngleich man vermutlich erst einmal in ein kleines Loch fällt und Angst hat, dass man nie wieder so ein gutes Buch lesen wird. Dabei fällt es auch in keinster Weise negativ ins Gewicht, dass die erste Hälfte des Buches vom Tempo her eher verhalten ausfällt – bis zur Mitte gehört das Buch den Charakteren, anschließend brennt Sanderson dann in Sachen Story ein wahres Feuerwerk ab. Man sollte auch auf keinen Fall den Fehler machen, sich als Fantasy-Muffel von den insgesamt rund 2000 Seiten der drei Bücher abschrecken zu lassen – Sandersons Epos ist jede einzige davon wert und beinhaltet unabhängig vom Genre alles, was eine gute Geschichte ausmacht. „The Final Empire“ war sehr gut, „The Well of Ascension“ grandios und „The Hero of Ages“ perfekt – wer diese Reihe nicht liest, ist selbst schuld.
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Charaktere: | |
Story: | |
Atmosphäre: |
10/10