Als Henrys Mutter für ihn völlig überraschend stirbt, versucht der 6-Jährige dem Rummel um die Bestatter im Haus zu entfliehen und zieht sich zurück auf den seit Jahren ungenutzten Speicher des Anwesens. Während unten im Haus die Leiche seiner Mutter abtransportiert wird, erkundet Henry neugierig die versteckten Ecken des riesigen Dachbodens und entdeckt hinter zugestaubten Möbeln einen alten Mann, der dem verdutzten Jungen gegenüber behauptet, seit Jahren auf dem Speicher der Familie zu hausen. Der Fremde mit dem langen weißen Bart stellt sich als Weihnachtsmann vor und versucht Henry mit einer Tafel Schokolade zu locken, doch mit den warnenden Worten seinen Eltern im Hinterkopf, als Kind nichts von unbekannten Menschen anzunehmen, bleibt der Junge skeptisch und lehnt ab – jedoch nicht ohne dem Mann zu versprechen, als Erwachsener wieder zu kommen und seine Schokolade zu holen. Jahre vergehen, bis Henry sich an dieses seltsame Erlebnis erinnert und wieder hinauf auf den Dachboden steigt…
Eine etwas andere Weihnachtsgeschichte
Schon nach wenigen Zeilen wird klar, dass man es bei Kay Meyers 20-seitiger eBook-Kurzgeschichte „Der Speichermann“ nicht mit einer typischen Weihnachtsgeschichte zu tun hat, die einen in fröhliche Festtagsstimmung versetzen könnte. Als die Handlung einsetzt, muss der 6-jährige Henry gerade den zumindest für ihn plötzlichen Krebstod seiner Mutter verkraften und flüchtet sich in eine völlig andere Welt, nämlich in die abenteuerlichen Geheimnisse des elterlichen Dachbodens, der schon seit Jahren von keinem der Hausbewohner mehr betreten wurde. Und auch der ihm dort begegnende Weihnachtsmann entspricht sicherlich nicht gerade der allgemeinen Vorstellung von Santa Claus: ein etwas verwahrlos aussehender alter Kauz, der lediglich mit seinem langen weißen Bart eine entfernte Ähnlichkeit aufweist. Zudem wirkt der seltsame Fremde mit seinen befremdlich wirkenden Lockversuchen auch wie jemand, dem man als unschuldiges Kind tatsächlich eher mit Vorsicht begegnen sollte.
Düster, aber inhaltlich eher seltsam
„Der Speichermann“ kommt also eher düster daher, was mir grundsätzlich schon einmal gut gefallen hat und einen angenehmen Kontrast zu den vielen schnulzigen anderen Weihnachtsgeschichten bietet, die in dieser Jahreszeit den Markt überfluten. Die ungemütliche und leicht deprimierende Atmosphäre der Geschichte war dann aber auch leider schon so ziemlich das einzige, was mich an der Geschichte überzeugen konnte. Der Plot ist selbst für den geringen Umfang doch sehr simpel gestrickt und auch wenn es sich hier natürlich eher um eine Art Märchen handelt, haben mich einige logische Schwächen in der Story schon ein wenig gestört (welches Kind vergisst zum Beispiel einfach jahrelang dass ein gruseliger fremder Mann auf dem eigenen Dachboden haust?). Zudem hat mich die Botschaft der Geschichte (falls es denn eine geben sollte) einfach nicht erreicht, ich konnte am Ende schlicht nicht erkennen was Kai Meyer mir mit diesem Werk sagen wollte. Ich bin daher froh dass ich diese „Weihnachtsgeschichte“ damals noch kostenlos bekommen habe, den aktuellen Preis von knapp 2 Euro für 19 (!) Seiten finde ich doch sehr happig.
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4/10