Tags: audible.de, Eitelkeit, Hedonismus, Lutz Riedel, Moral, Porträt, Schönheit
Genre: Drama, Klassiker
Bei einem Gespräch zwischen dem Maler Basil Hallward und seinem Freund Lord Henry Wotton berichtet Basil schwärmend von seinem neuen Modell Dorian Gray und präsentiert stolz dessen Porträt. Der Maler ist von der Schönheit und Reinheit seiner Vorlage völlig fasziniert und fühlt sich durch Dorian künstlerisch und als Mensch inspiriert. Als Lord Henry seinen Freund jedoch neugierig darum bittet, auch einmal diesem außergewöhnlichen Mann vorgestellt zu werden, zögert Basil zunächst. Er befürchtet, dass Dorian dadurch einem negativen Einfluss ausgesetzt werde und seine einzigartige Ausstrahlung verliere – und sieht sich in dieser Angst bestätigt, als Gray sich nach dem Treffen mit Henry plötzlich seiner eigenen Schönheit bewusst wird und ungeahnte Züge von Eitelkeit an den Tag legt. Von seinem eigenen Porträt fühlt er sich fortan an die Vergänglichkeit dieser Schönheit erinnert und so wünscht sich Dorian insgeheim, das Bildnis möge an seiner Stelle altern – und ahnt nicht, was er mit diesem Wunsch auslöst…
Dorian Grays verhängnisvoller Wunsch nach ewiger Jugend
Weiter geht es mit den unfreiwilligen Klassikerwochen, diesmal mit Oscar Wildes „Das Bildnis des Dorian Gray“ aus dem Jahr 1890 – wieder eines dieser Werke, dessen Thematik mir zwar grob geläufig war, das ich aber nie selbst gelesen habe. Die Ausgangssituation ist dabei gar nicht so uninteressant: Ein junger Mann, schön und reich, ist von seinem eigenen Porträt und damit dem Abbild seiner ungeheuren Schönheit so sehr fasziniert, dass er den Wunsch äußert, dass sein eigener Körper von den Zeichen der Zeit unberührt bleibe und das Bildnis an seiner Stelle den Alterungsprozess durchlaufen müsse. Was von Dorian Gray eher beiläufig dahergesagt wird, tritt dann aber tatsächlich ein und leitet für ihn selbst und sein Umfeld den schleichenden Untergang ein – auch wenn die schlimmen Konsequenzen dieses teuflischen Paktes erst später zu Tage treten.
Nur der äußere Schein zählt
Wildes Roman ist ein Werk über Moral und Eitelkeit und konfrontiert die Leser gleich mit einer ganzen Reihe von schmerzhaft oberflächlichen Figuren: Egal ob der Maler Basil oder Dorians Patron Lord Henry – alle reduzieren den jungen Dorian Gray nur auf sein Äußeres und schwärmen am laufenden Band von seiner Reinheit und ungemeinen Attraktivität. Diese Vergötterung Dorians wirkt gerade zu Beginn sehr befremdlich und die intoleranten Wertevorstellungen Henrys und Basils sind richtiggehend erschreckend: Nur der äußere Schein zählt, innere Werte werden völlig ignoriert. Ebenso verstörend ist es, wie Lord Henry den jungen Mann manipuliert und ganz nach seinen Wünschen zu formen versucht und Dorian Gray dadurch zur tragischen Figur wird, welche die schwache Moral seiner Vorbilder übernimmt und immer hässlichere Facetten an den Tag legt – bis der sittliche Verfall nicht mehr umzukehren ist.
Langatmiger Mittelteil trübt den guten Gesamteindruck erheblich
Die erste Hälfte des Romans ist daher durchaus interessant, da der Wandel Dorian Grays vom unschuldigen Jüngling hin zum grausamen Schönling minutiös und glaubwürdig beschrieben wird. Mit einem größeren Zeitsprung kurz nach der Mitte der Geschichte kommt es jedoch auch zu einem inhaltlichen Bruch und Oscar Wilde verliert sich recht stark im ausschweifenden Lebensstil Dorian Grays und sorgt für einige Längen, in denen viel zu detailliert und langatmig über dessen Interessen und vor allem dessen weitreichende Sammelleidenschaft berichtet wird. Erst zum Ende hin nimmt die Geschichte wieder an Fahrt auf und konnte mich dann wieder für sich gewinnen. Gerade dieser massive Durchhänger im Mittelteil trübt den ansonsten recht guten Gesamteindruck jedoch recht deutlich. Einen ähnlich zweigeteilten Eindruck hinterlässt auch die Lesung von Lutz Riedel: Einerseits ist dieser durch seine doch etwas betagt klingende Stimme bei einem Literaturklassiker wie diesem meiner Meinung nach deutlich besser aufgehoben als im Krimi-Genre (wie z.B. bei Petra Buschs „Schweig still, mein Kind), andererseits werde ich mit Riedel dennoch nicht so wirklich warm und empfinde dessen Art des Vortrags oft etwas ermüdend und wenig vielseitig.
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Story: | |
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6/10