In dieser Woche gibt es bei der Paperthin-Montagsfrage mal eine Fragestellung, bei der man sich so richtig schön auskotzen kann:
Was geht dir beim Lesen total auf die Nerven? Welche Dinge kannst du nicht mehr lesen?
Wenn ich darüber länger nachdenken würde, käme wahrscheinlich eine ganze Liste solcher Dinge zusammen, spontan fallen mir gerade folgende immer wiederkehrende Sachen ein:
Ermittler mit gestörtem Privatleben:
Das mag vor 20 Jahren vielleicht noch originell gewesen sein und hat mit Sicherheit auch einige der bekanntesten Ermittlerfiguren des Krimigenres wie Henning Mankells Kurt Wallander oder Jo Nesbøs Harry Hole hervorgebracht, aber mittlerweile nimmt das wirklich absurde Ausmaße an. Nahezu jeder Komissar oder Agent oder Detektiv, der heutzutage auf die Leser losgelassen wird, hat ein kaputtes Privatleben vorzuweisen und lebt nur noch für seine Arbeit. Entweder wurde er von seiner Frau (natürlich mitsamt der Kinder, die er dann so gut wie nie sehen darf) verlassen oder eben diese ist tödlich verunglückt – oder noch besser: wurde ermordet, der Täter läuft immer noch frei herum und wird im Laufe der Romanreihe vom gebrochenen Ermittler gefasst. Zudem hat der Charakter dann meistens auch noch ein starkes Alkoholproblem. Liebe Autoren: Bitte lasst euch doch mal was neues einfallen, dieses Klischee ist mittlerweile soooo ausgelutscht. Als ob es keine Polizisten geben würde, die ein normales und glückliches Familienleben haben oder nicht nach jedem grausigen Mord erst einmal abstürzen müssen…
Revierstreitigkeiten/Kompetenzgerangel:
Immer wenn irgendwo ein Spezialist bei laufenden Ermittlungen hinzugezogen wird, bricht erst einmal der große Zickenkrieg aus – und das bei oben genannten knallharten und durchlebten Ermittlern ohne Privatleben. Da will der Dorfpolizist, der in seiner Karriere höchstens mal einen Ladendiebstahl aufgeklärt hat, plötzlich nicht, dass der Profiler bei der Suche nach einem Serienmörder hilft – schließlich sind das ja seine Ermittlungen und er ist ja ausreichend qualifiziert. Dass man die Hilfe auch einfach mal annehmen könnte und dadurch möglicherweise Menschenleben rettet, kommt dabei nie jemandem in den Sinn. Lieber wird sich dann über halbe Romane hinweg über die Zuständigkeiten gestritten und jeder will sich profilieren…
Autopsien für Dummies:
Hat sich von euch noch nie jemand darüber gewundert, dass bei Autopsien der Gerichtsmediziner dem erfahrenen Ermittler aber auch wirklich JEDES MAL in allen Einzelheiten erklärt, welche Schlüsse man aus welcher Verletzung schließen kann – als ob er es mit einem Medizinstudenten im ersten Semester zu tun hätte, der noch nie eine Autopsie gesehen hätte? JEDES MAL werden Leichenflecken erklärt, JEDES MAL wird erklärt, wie sich die Todeszeit berechnet usw., und JEDES MAL stellt sich der Kommissar doof und tut so, als wenn er das alles zum ersten Mal hören würde – wo er in seiner rund 30-jährigen Karriere doch erst Dutzende von Mordfällen untersucht hat. Ich kann ja verstehen, dass dies für Krimineulinge wichtige Informationen sind, aber wenn man wie ich wirklich viele Krimis und Thriller liest, sind diese ständigen Wiederholungen einfach nur nervig.
Hals-über-Kopf-Romanzen:
Weniger ein Problem im Krimi- und Thrillergenre (auch wenn es auch hier Negativbeispiele wie z.B. Rainer Löfflers „Blutsommer“ gibt), dafür aber vor allem in den zahlreichen Dystopien, die gerade den Buchmarkt überschwemmen: In nahezu jeder Geschichte gibt es die inzwischen obligatorische Hals-über-Kopf-Romanze. Egal ob die Hauptfigur nun männlich oder weiblich ist, grundsätzlich wird sich erst einmal in die Person verliebt, die einem als erstes über den Weg läuft und ungefähr das gleiche Alter hat. Ich muss natürlich nicht noch extra erwähnen, dass diese dann auch noch unheimlich toll aussieht und total geheimnisvoll ist und die unsterbliche Liebe auf den ersten Blick entweder sofort oder nach ein paar halbherzigen Abweisungsversuchen erwidert. Warum kann einer der beiden nicht mal hässlich wie die Nacht sein oder sich einfach einen anderen schnappen oder sich bei dem ganzen „Wir-retten-jetzt-als-letzte-Überlebende-die-Welt“-Kram sich einfach mal aufs Wesentliche konzentrieren, nämlich als letzte Überlebende einfach nur die scheiß Welt zu retten?^^
Die Montagsfrage ist eine Aktion von Janine von Paperthin.de, in der sie jede Woche eine neue Frage rund ums Lesen stellt, die ihr dann in eurem Blog oder auf Twitter beantworten könnt. Wenn ihr auch mitmachen wollt, findet ihr alle nötigen Informationen hier.