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In der Zukunft besitzt die Menschheit nicht länger die Kontrolle über die Erde, sondern wurde fast vollständig von einer friedlichen Alien-Rasse infiltriert. Nur wenige Überlebende leisten verbissen Widerstand…

Auch wenn es auf den ersten Blick nicht den Anschein hat, so hat sich in der Zukunft die Weltbevölkerung dramatisch verringert. Zwar wird die Erde nach wie vor von menschlichen Körpern bevölkert, allerdings dienen diese nur noch als Hülle für eine parasitäre außerirdische Lebensform – die „Seelen“. Diese Aliens haben nahezu überall die Kontrolle über die Menschen übernommen, um durch ein friedliches Miteinander den Planeten vor der fortschreitenden Zerstörung durch den Menschen zu bewahren. Nur wenige Widerständler blieben von diesem Schicksal bisher verschont und verstecken sich in Wäldern, Wüsten oder Höhlen vor den Invasoren.

Eine friedliche Alien-Invasion gegen die letzten Rebellen

Zu diesen Rebellen gehört auch die 21-jährige Melanie Stryder, die gemeinsam mit ihrem kleinen Bruder Jamie und ihrem Freund Jared seit Jahren vor den Seelen auf der Flucht ist. Allerdings ist ihr Glück nicht von Dauer, denn schließlich wird sie doch von den Suchern, den außerirdischen Spürtrupps, entdeckt und in die Enge getrieben. Um sich dem Zugriff zu entziehen und ihre Gefährten vor der Gefangennahme zu bewahren, versucht Melanie, sich mit einem Sprung in einen leeren Aufzugschacht das Leben zu nehmen – sie überlebt jedoch schwer verletzt und wird von den Heilern der Aliens kuriert, um ihren Körper anschließend als Wirt für eine neue Seele zu nutzen. Melanies Geist ist jedoch zu stark, um völlig ausgelöscht zu werden, sodass sie überraschend überlebt – zwar als Gefangene in ihrem eigenen Körper, aber nicht ohne Widerstand gegen die Seelen…

Twilight mit Aliens?

Ein Stephenie-Meyer-Buch in meinen Händen – ich hätte ja nicht gedacht, dass dies in meinem Leben nochmal eintreffen würde. Zu groß sind bei mir die Vorbehalte gegenüber den schwülstigen Vampir-Romanzen ihrer „Twilight“-Saga und auch die wenigen Filmschnipsel, die mir davon untergekommen sind, haben mich eigentlich nur darin bestätigt, um ihre Werke einen großen Bogen zu machen. Nun ist aber bekanntlich gerade die Verfilmung von „Seelen“ in den deutschen Kinos gestartet, und da ich erstens so ziemlich alles gucke und sich der Kinobesuch praktischerweise mit einem kleinen (aber feinen) Bloggertreffen verbinden ließ, habe ich dann vorher doch mal zum Buch gegriffen – man muss sich ja anständig auf sowas vorbereiten, außerdem wurde mir vermehrt versichert, dass „Seelen“ sich deutlich von den „Twilight“-Büchern unterscheiden würde.

Ungewohnte Alien-Perspektive

Tatsächlich gab es dann auch zu Beginn eine kleine Überraschung, denn „The Host“ wird nicht, wie von mir angenommen, aus der Sicht eines Menschen geschildert, sondern aus der Perspektive eines Außerirdischen. Der Figur Melanie Stryder wird nämlich gleich zu Beginn ihr eigener Körper „entrissen“ und eine der Seelen eingepflanzt – fortan muss sie sich den Körper mit „Wanderer“, der ihr eingesetzten Seele, teilen, ohne jedoch in irgendeiner Form physisch Einfluss auf ihre Handlungen nehmen zu können – Locked-in-Syndrom mal anders… Konsequenterweise hat Melanie dann auch nicht mehr viel zu melden, sodass Wanderer bzw. Wanda zur Protagonistin des Romans wird. An diese Situation musste ich mich anfangs ein wenig gewöhnen, da man es als Leser eigentlich gewohnt ist, mit der menschlichen Figur zu sympathisieren und fast automatisch eine gewisse Abneigung gegen die außerirdischen Invasoren hegt. Schließlich haben die Seelen zu diesem Zeitpunkt bereits einen Großteil der Menschheit ausgelöscht, wenngleich auch mit etwas ungewohnter Absicht.

Gelungener und spannender Auftakt…

Dieser unerwartete Rollentausch gab dann gleich mal den ersten Pluspunkt, und es ging dann auch gar nicht mal so unspannend weiter. Während die kühle und hartnäckige Sucherin der Aliens mithilfe von Wanda mehr über den Aufenthaltsort der restlichen Rebellen herausfinden will, versucht sich Melanie gegen die Besetzerin ihres Körpers zu wehren und ihren Bruder und ihren Freund zu schützen – was bei Wanda zur Folge hat, dass diese sich zunehmend mit Melanie verbündet, zumal sie aufgrund der Übernahme über die gleichen Gefühle verfügt und sich dadurch ebenso zu Melanies Gefährten hingezogen fühlt. Hier ist es durchaus interessant zu verfolgen, wie der Sinneswandel bei Wanda vonstatten geht und welche Konsequenzen dies für die beiden Persönlichkeiten im gleichen Körper hat.

… aber überlanger Mittelteil

Nach dem doch eher actionreichen Auftakt flacht die Handlung dann aber zunehmend ab, was viel damit zu tun hat, dass die Geschichte fast über das gesamte Buch am gleichen Schauplatz spielt und sich auch in der Figurenkonstellation nicht allzu viel tut. Es ist zwar nicht wirklich langweilig oder zäh, Wandas Überlebenskampf als Außenseiterin in einer Gruppe Rebellen oder die unterschiedlichen Beziehungen zu den diversen Widerständlern zu beobachten, allerdings passiert im Mittelteil doch etwas wenig, um den Umfang von über 600 Seiten (englische Ausgabe) zu rechtfertigen. Ich hatte beim Lesen öfter mal das Gefühl, dass sich die Charaktere etwas im Kreis drehen und die Story nicht so wirklich vorwärts kommt. Glücklicherweise kann man sich in die Figuren aber relativ gut hineinversetzen, wodurch zumindest die durch die diversen Haltungen hervorgerufenen Reizpunkte etwas Spannung erzeugt wird.

Eher harmlose Sci-Fi-Story

Insgesamt merkt man es einfach an allen Ecken und Enden, dass man es hier in erster Linie mit einem Roman für die Zielgruppe im Teenageralter zu tun hat: So gibt es natürlich das zu erwartende Liebeswirrwarr – wobei ich in dieser Hinsicht deutlich mehr Kitsch befürchtet hatte – und auch sonst ist die Geschichte doch eher eine weichgespülte Version der Alien-Invasion-Thematik. Die Seelen haben nämlich nur gute Absichten und sehen es als ihre Aufgabe an, den Planeten vor der Zerstörungswut des Menschen zu beschützen. Folgerichtig ist auch Wanda äußerst konfliktscheu und bemüht sich stets um einen neutralen und selbstlosen Standpunkt – diese uneigennützige Naivität ist oft aber einfach nur nervig und schwer zu ertragen, etwas mehr Persönlichkeit hätte der Seele hier nicht geschadet. Immerhin bleibt Stephanie Meyer ihrer „sanften“ Linie konsequent treu und bringt die Geschichte zu einem stimmigen Abschluss.

Der Buch-Film-Vergleich

Am Freitag hatte ich dann das Vergnügen, mir mit Tascha und Eva die Umsetzung der Romanvorlage auf der Kinoleinwand anzuschauen, die letztlich eher so naja ausgefallen ist. Obwohl sich der Film in Einzelheiten nicht immer an das Buch hält, so ist die Geschichte im Großen und Ganzen zwar solide umgesetzt, allerdings bietet „Seelen“ auch jede Menge „Kopfschüttel-Momente“. Das liegt unter anderem an der zwangsläufigen Straffung des Plots, wodurch allerdings die ein oder andere Charakterzeichnung und -wandlung deutlich zu kurz kommt. So schwanken Figuren von einer Szene auf die andere von hasserfüllter Ohrfeige zu schmachtenden Blicken, ohne dass dieser Stimmungswechsel für das Publikum nachvollziehbar wäre – zumindest wenn man das Buch nicht gelesen hat. Außerdem wirken die ohnehin schon recht banalen Dialoge aus dem Buch in komprimierter und gehäufter Form meist einfach nur unfreiwillig komisch, wodurch viele Szenen die beabsichtigte Wirkung dramatisch verpasst haben. Wenn der Kinosaal bei einer romantischen Liebesbeichte am Lagerfeuer plötzlich ob des unfassbar dämlichen und unbeholfenen Dialoges geschlossen in heftiges Gelächter ausbricht, so kann dies wohl kaum die Intention des Regisseurs gewesen sein. Das führte dann dazu, dass es bei der Vorführung wohl niemanden im Raum gegeben hat, der den Film auch nur annähernd ernst nehmen konnte.

Mäßig gelungene Romanverfilmung

Auch schauspielerisch sollte man keine große Erwartungen an den Film haben – alleine schon weil Diane Kruger mitspielt. Die Rolle der eiskalten Sucherin ist ihr aber wie auf den Leib geschnitten, schließlich muss man für die emotionslose Darstellung dieser Figur keinerlei schauspielerisches Talent vorweisen. Dass Wanda als außerirdische Lebensform ebenfalls unterkühlt rüberkommt, liegt zwar in der Natur der Story, könnte aber häufig auch als mangelnde Schauspielfähigkeiten von Saoirse Ronan ausgelegt werden – womit man ihr bestimmt unrecht tut. Möglicherweise lag es aber auch an der deutschen Synchronisation, dass die Dialoge irgendwie seltsam hölzern wirkten. Eine große Offenbarung sollte man vom Film also besser nicht erwarten, dieser ist zwar nicht wirklich grottig, aber auch weit von einer guten Buchverfilmung entfernt. Wie sagte Tascha nach der Vorstellung treffend: Das Abspannlied („Radioactive“ von Imagine Dragons) war das Beste am Film…

Fazit:
Weichgespülte und überlange Sci-Fi-Romanze für die Teenie-Generation, der man einen gewissen Unterhaltungswert aber nicht absprechen kann (6/10).

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Autorin: Stephenie Meyer; Deutscher Titel: Seelen; Umfang: 617 Seiten; Verlag: Little, Brown Book Group; Erscheinungsdatum: 04. Juli 2009; Preis: Taschenbuch 7,30 €/eBook 5,49 €.

Link zur englischen Ausgabe
Link zur deutschen Ausgabe

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5 Antworten zu diesem Beitrag

  • Ich fand, das beste im Kino waren die Trailer VORM Film – Percy Jackson, City of Bones, Catching Fire *.*, aber ansonsten kannste den Film echt vergessen – wobei ich mich frage, ob das auf Englisch auch so schlimm ist…