Tags: Carmilla, Gruselkabinett, J.S. LeFanu, lesbisch, Österreich, Schloss, Steiermark, Titania Medien, Vampir
Genre: Fantasy, Horror, Klassiker, Romantik
Autor: J.S. LeFanu
Label: Titania Medien
Sprecher: Daniela Hoffmann, Manja Doering, Christian Rode, Regina Lemnitz, Arianne Borbach, Joachim Tennstedt, David Nathan etc.
Länge: 77 Minuten
Erscheinungsjahr: 2004
Preis: ab 6,99 €
Inhaltsbeschreibung von Titania Medien:
1868 in einer einsamen Gegend der Steiermark: Vor dem Schloss eines pensionierten Generals verunglückt eine Kutsche. Wirklich nur ein Unfall …? Die mysteriöse Insassin ist gezwungen, ihre junge Tochter in der Obhut der Schlossbewohner zurückzulassen. Die ätherisch schöne Carmilla übt auf alle, aber besonders auf Laura, die gleichaltrige Tochter des Generals eine starke Faszination aus. Ein undefinierbarer Zauber umgibt das Mädchen. Noch ahnt niemand, dass Carmilla ein dunkles Geheimnis hütet.
Meine Hörspielbesprechung:
Nach dem Tod ihrer Mutter wächst die junge Laura alleine bei ihrem Vater, einem britischen General, in einem abgelegenen Schloss in der Steiermark in Österreich auf. Im Alter von sechs Jahren schreckt Laura in einer stürmischen Nacht plötzlich aus dem Schlaf hoch, weil sie in der Brust einen stechenden Schmerz gespürt hat. Zuvor war ihr in einem merkwürdigen Traum ein weiblicher Geist begegnet, der sich heimlich in Lauras Zimmer geschlichen und beruhigend auf sie eingeredet hatte. Als das Mädchen nach dem Aufwachen jedoch ihre Brust näher betrachtet, findet sie dort zwei blutige Einstiche vor, für die sie und ihr Vater keine Erklärung finden.
Ein weiblicher Vampir treibt in der Steiermark sein Unwesen
Zwölf Jahre später sieht Laura mit an, wie eine Kutsche kurz vor dem Schloss verunglückt. Das Mädchen und ihr Vater eilen den Insassen zu Hilfe, doch den Reisenden, einer älteren Dame und ihrer Tochter, ist offenbar nichts Schlimmes passiert. Da das Mädchen nach dem Unfall noch etwas benommen ist, die Fahrt der Mutter aber keinen Aufschub duldet, lädt der General die junge Frau ein, sich in den nächsten Wochen auf dem Schloss zu erholen, während ihre Mutter ihre dringenden Angelegenheiten erledigt. Laura ist von dem gleichaltrigen Gast begeistert und schließt mit der Fremden, die sich Carmilla nennt, schnell Freundschaft. Allerdings bemerkt sie an dem Mädchen in der nächsten Zeit einige beunruhigende Eigenarten, außerdem wird das umliegende Dort seit Carmillas Eintreffen von einer seltsamen Krankheit heimgesucht, die mehrere junge Frauen das Leben kostet…
Erste Folge der „Gruselkabinett“-Hörspielreihe nach einer historischen Vorlage
„Carmilla, der Vampir“ ist der Auftakt der „Gruselkabinett“-Hörspielreihe aus dem Hause Titania Medien und basiert wie die meisten Folgen dieser Serie auf den historischen Werken bekannter Horror-Autoren wie z.B. Bram Stoker, Edgar Allan Poe oder Mary W. Shelley. Die Vorlage zu der Geschichte um den weiblichen Vampir stammt aus der Feder des irischen Schriftstellers Joseph Sheridan Le Fanu und erschien bereits im Jahr 1872. Die Erzählung hatte seinerzeit großen Einfluss auf das Genre der Horrorliteratur und inspirierte u.a. auch Bram Stoker zu seinem Roman „Dracula“.
Eher romantische statt gruselige Vampir-Story mit wenig Überraschungen
Allerdings kann die Geschichte aus meiner Sicht den Erwartungen an ein Grusel-Hörspiel nicht ganz gerecht werden. Der Einstieg fällt durch Lauras nächtliche Begegnung mit dem Geist zwar sehr atmosphärisch aus, anschließend geht es jedoch erst einmal eine ganze Weile eher gemächlich zu. Daran ändert auch das Auftauchen von Carmilla zunächst nichts, da die Story sich vorerst auf die Beziehung zwischen Laura und ihrem Gast konzentriert. Erst nach und nach treten bei der geheimnisvollen Fremden erste beunruhigende Anzeichen auf, wodurch die Handlung dann an Fahrt gewinnt. Wer nun aber auf eine bluttriefende Vampir-Story hofft, der wird bitter enttäuscht, denn über weite Strecken ist der Grundton der Geschichte eher traurig und melancholisch statt gruselig. Desweiteren bekommt das Hörspiel durch die homosexuelle Neigung des weiblichen Vampirs zuweilen fast sogar eine romantische Note, da Carmilla es ausschließlich auf junge Frauen abgesehen hat, die sie zu ihren Freundinnen machen will. Ein weiteres Problem der Handlung ist die große Vorhersehbarkeit, denn die Erzählung verläuft überwiegend überraschungsarm. Für den Hörer ist sofort klar, wer hinter den unheimlichen Todesfällen im Dorf steckt und auch LeFanus Spiel mit Anagrammen bei der Namensgebung der Figuren ist auf Anhieb durchschaubar. Zwar wird der Ablauf der Ereignisse gefällig erzählt, doch irgendwie wirkt alles ein wenig unspektakulär, was auch für das so zu erwartende und ziemlich abrupte Ende gilt.
Sprecher und Geräuschuntermalung:
Was den erzählerischen Vortrag betrifft, gibt es bei „Carmilla, der Vampir“ in Bezug auf die Qualität der Sprecher absolut nichts auszusetzen. Den Hauptanteil leisten ganz klar Manja Doering (die deutsche Stimme von Natalie Portman) und Daniela Hoffmann, welche die Rollen von Laura und Carmilla übernehmen. Während Doerings Auftritt über weite Strecken eher zurückgenommen ist, da sie auch den Part der Erzählerin übernimmt, bietet sich Hoffmann die Gelegenheit, richtig aus sich herauszugehen. Als weiblicher Vampir darf sich die Sprecherin so richtig austoben und schrill schreien oder wütend toben. Bei dieser Besetzung gibt es jedoch ein großes Problem: Daniela Hoffmann ist nämlich die deutsche Synchronstimme von Julia Roberts, was man auch bei jedem einzelnen Wort deutlich heraushört. Nun kann ich einer derart erwachsenen Stimme die Verkörperung eines etwa 16-jährigen Mädchens beim besten Willen nicht abkaufen, wodurch das Verhältnis zwischen Laura und Carmilla häufig unglaubwürdig rüberkommt. Da kann Hoffmann absolut nichts für, denn von der Sprecherleistung her ist ihr Part sicherlich der beeindruckendste, allerdings wäre hier eine jugendlichere Stimme eindeutig die bessere Wahl gewesen. Dafür ist das Hörspiel jedoch bis in die kleinste Nebenrolle hochkarätig besetzt und glänzt unter anderem mit Joachim Tennstedt (John Malkovic) oder Regina Lemnitz (Kathy Bates) sowie einem winzigen Gastauftritt von David Nathan.
Hervorragende Sprecher, gute Musik, ausbaufähige Geräuschkulisse
Die Geräuschuntermalung ist durchweg solide, wenngleich die Soundkulisse insgesamt ein wenig zu zurückhaltend ist und ein paar Effekte mehr wohl nicht geschadet hätten. Das wird aber von der sehr stimmungsvollen Musik wieder aufgefangen, die gut zur Atmosphäre der Geschichte passt.
Schlussfazit:
„Carmilla, der Vampir“ ist ein ordentlicher Auftakt der „Gruselkabinett“-Reihe, allerdings ist bei den folgenden Episoden sowohl in Sachen Story als auch Geräuschkulisse noch Luft nach oben. Die Geschichte ist für ein Grusel-Hörspiel nämlich insgesamt viel zu harmlos und von einer unheimlichen Atmosphäre die meiste Zeit doch relativ weit entfernt. Außerdem ist die Handlung sehr vorhersehbar und bietet eigentlich keine wirklichen Überraschungen.
Solides Vampir-Hörspiel mit tollen Sprechern aber zu wenig Grusel
Dafür punktet das Hörspiel aber – wie von Titania Medien eigentlich gewohnt – mit der erstklassigen Sprecherriege und einer guten musikalischen Untermalung. Somit ist „Carmilla, der Vampir“ zwar nicht der erhoffte Knaller zum Einstieg in die Hörspielserie, bietet aber 77 Minuten solide Unterhaltung, von der man jedoch keinen allzu großen Nervenkitzel erwarten sollte.
Meine Wertung: 6/10
Informationen:
„Gruselkabinett 1: Carmilla, der Vampir“ ist bei Titania Medien erschienen und ist für ca. 7-9 Euro als Download oder CD bei den gängigen Anbietern erhältlich. Weitere Informationen gibt es auf der Homepage von Titania Medien.