Tags: Experimente, Horror, Katharina Thalbach, Klassiker, Kreatur, Mary Wollstonecraft Shelley, Monster, Schöpfung, Viktor Frankenstein, Wissenschaftler
Genre: Drama, Horror, Klassiker
Autor: Mary Wollstonecraft Shelley
Sprecher: Katharina Thalbach
Länge: 02 Std. 08. Min. (gekürzt)
Inhaltsbeschreibung von audible.de:
Eine Tragödie von erstaunlicher Aktualität: Der junge Wissenschaftler Victor Frankenstein ist von der Idee besessen, einen künstlichen Menschen zu erschaffen. Mit seinen Experimenten ignoriert er die Gesetze der Natur. Doch als er Erfolg hat, wendet er sich mit Schrecken von dem Monster ab, das er selbst ins Leben gerufen hat. Katharina Thalbach spricht mit einer grandiosen Mischung aus ehrlichem Entsetzen und zärtlicher Anteilnahme, die es braucht, um diese Geschichte richtig zu erzählen. Ihr Mitgefühl gilt dem Monster, das seinem Schöpfer klagt: „Bin ich nicht jämmerlich allein?“
Zum Hörbuch:
Das Hörbuch „Frankenstein“ lag als Gratis-Titel der hörBuchBIBEL 2011 des falkemedia-Verlages bei, und zwar in der Brigitte Hörbuch-Edition in einer Lesung von Schauspielerin Katharina Thalbach. Der Klassiker von Mary Shelley ist Teil der Hörbuch-Reihe „Starke Stimmen“ der o.g. Frauenzeitschrift, in welcher populäre deutsche Schauspieler mehr oder weniger bekannte literarische Werke vertonen. Leider liegt „Frankenstein“ nur in einer gekürzten Fassung vor, da ich die ursprüngliche Romanfassung bisher aber noch nicht gelesen hatte und der Titel zudem kostenlos war, habe ich mir das Hörbuch aber nun einmal zu Gemüte geführt.
Die grobe Handlung von „Frankenstein oder Der moderne Prometheus“ – wie der 1818 veröffentlichte Roman vollständig heißt – sollte den meisten bekannt sein. Ein ehrgeiziger Wissenschaftler namens Viktor Frankenstein erschafft im Rahmen seiner Forschungen ein menschliches Wesen, welches sich jedoch gegen seinen Schöpfer stellt und für Angst und Schrecken in der Welt sorgt. So wird es zumindest in den unzähligen Horrorstreifen immer dargestellt. Beim Hören war ich aber durchaus überrascht, dass die ursprüngliche Geschichte von Mary Shelley sich schon teilweise deutlich von der aus Film und Fernsehen bekannten Version unterscheidet…
Der junge Viktor Frankenstein fällt schon in früher Kindheit durch hohe Intelligenz und große Neugier auf. Er beschäftigt sich früh mit den Lehren großer Alchemisten, betrachtet deren Werke nach genauerem Studium jedoch als veraltet. Im Alter von 17 Jahren reist Viktor nach Ingolstadt, wo er an der dortigen Universität Naturwissenschaften studiert. Im Rahmen seiner Forschungen findet er heraus, wie man aus toten Elementen etwas Lebendiges erschaffen kann. Davon ist er dermaßen fasziniert, dass er fortan an der Schöpfung eines menschlichen Wesens arbeitet. Tag und Nacht verbringt er in seinem Labor und zieht sich völlig aus der Öffentlichkeit zurück. Er sammelt Leichenteile und fügt diese zu einer neuen Kreatur zusammen, und es gelingt ihm schließlich tatsächlich, diesem Geschöpf Leben einzuhauchen. Allerdings hat er das Aussehen des Wesens bei seinen Arbeiten völlig vernachlässigt und ist selbst entsetzt, wie schrecklich und furchteinflößend seine Schöpfung geworden ist. Schockiert flieht er aus seinem Labor und überlässt die Kreatur sich selbst. Als er zum Ort seiner Arbeiten zurückkehrt, ist das Wesen plötzlich verschwunden…
So die Ausgangssituation der Romanhandlung. Was vor knapp 200 Jahren noch als Horrorliteratur angesehen wurde, ist unter heutigen Verhältnissen schon recht harmlos, denn gerade durch die vielen Verfilmungen erwartet man ein brutales und mordendes Monster. Umso erstaunter war ich dann jedoch, dass die Kreatur in Shelley Roman durchaus menschlich dargestellt wird und eigentlich nur nach Akzeptanz in der Gesellschaft strebt. Doch aufgrund seines missratenes Aussehens wird er von den Menschen verstoßen und misshandelt. Folglich reagiert der „Unhold“ mit Wut und Gewalt, weil er sich nicht anders zu helfen weiß. Sein Wunsch nach Liebe und Zuneigung geht schließlich sogar so weit, dass er seinen Schöpfer fast anfleht, ihm eine Gefährtin zu erschaffen. Aufgrund dieser nachvollziehbaren Motive fand ich die Handlung doch interessanter als erwartet.
Leider liegt dieses Hörbuch jedoch nur in einer gekürzten Version vor. Der Nachteil dabei ist, dass der Kürzung fast ein kompletter Handlungsstrang zum Opfer gefallen ist. So fehlt die Figur des Robert Walton, dem Leiter einer arktischen Forschungsexpedition, völlig. Dieser trifft auf seinem Weg zum Nordpol auf einen Viktor Frankenstein am Ende seiner Kräfte, der Walton nach Tagen der Erholung schließlich seine Lebensgeschichte schildert. Durch das Fehlen dieser Nebenhandlung fällt auch das Ende des Hörbuches etwas anders aus als im Roman. Während dort das Schicksal Frankensteins und seiner Kreatur aufgeklärt wird, endet das Hörbuch mit einem offenen Schluss. Was aus Viktor und seiner Schöpfung wird, ist für den Leser lediglich zu erahnen.
Zur Sprecherin:
Gelesen wird das Frankenstein-Hörbuch von der bekannten deutschen Theater- und Filmschauspielerin Katharina Thalbach. Die Berlinerin liest den Titel gekonnt und sehr eindringlich. Ich persönlich finde es jedoch ungewohnt, wenn ein Hörbuch mit männlicher Hauptfigur von einer Frau gelesen wird. Hier wäre mir ein Sprecher wohl lieber gewesen, das ist jedoch Geschmackssache. Grundsätzlich gibt es an Thalbachs Lesung nichts auszusetzen.
Mein Fazit:
„Frankenstein“ ist ein durchaus gelungenes Hörbuch, vor allem wenn man die Romanfassung von Mary Shelley noch nicht gelesen hat und das Frankenstein-Thema nur aus Verfilmungen kennt. Die Geschichte ist nämlich in der Ur-Version deutlich weniger horror-lastig und tiefgründiger, als man vielleicht erwartet. Allerdings merkt man der Erzählung ihr Alter schon an. Die Sprache ist recht altertümlich und wirklich gruselig ist die Kreatur des Wissenschaftlers auch nicht. Für das kleine Hörvergnügen zwischendurch ist der Titel jedoch gut geeignet, da die Lesung von Katharina Thalbach zudem überzeugt.
Meine Wertung: 6/10