14_Rezi

Nate Tucker hat bisher nicht allzu viel aus seinem Leben gemacht: Beruflich vegetiert er Tag für Tag in einem eintönigen Bürojob dahin, eine Freundin hat er auch schon länger nicht mehr gehabt und da es finanziell auch nicht gerade rosig aussieht, muss eine neue und günstige Wohnung her. In Nates Situation darf man dabei nicht allzu wählerisch sein, und als er über einen Bekannten zufällig von einem geradezu unschlagbar günstigen Apartment erfährt, scheint der Tipp zunächst wie ein Lottogewinn: Die Miete ist fast lächerlich gering, die Wohnung gar nicht mal so übel und auch die geräumige Dachterrasse inklusive der äußerst freizügigen Nachbarin hat einen nicht zu verleugnenden Reiz – da stört es Nate auch nur unwesentlich, dass die Parkplatzsuche jedes Mal ein Albtraum ist, so mancher Mieter im Haus ein wenig kauzig ist und sich auch hin und wieder eine Kakerlake hinter den Möbeln hervortraut. Schon kurz nach seinem Einzug merkt Nate jedoch, dass an dem alten Kavach Building irgendetwas faul ist: die Grundrisse der einzelnen Wohnungen sind nicht stimmig, das Gebäude scheint nicht an die städtischen Versorgungsleitungen angeschlossen zu sein und was hat es eigentlich mit dem mysteriösen Apartment Nr. 14 auf sich, deren Inhalt die Hausverwaltung offenbar unter allen Umständen geheim halten will?

Ein altes Haus voller Rätsel und dunkler Geheimnisse

Der mir bis vor wenigen Wochen unbekannte amerikanische Autor Peter Clines hat sich erst kürzlich mit seinem packenden und herrlich kurzweiligen Science-Fiction-Thriller „The Fold“ in mein Leserherz geschrieben, sodass ich in meiner Begeisterung über das Buch direkt einmal nach weiteren Werken des Schriftstellers gesucht habe und dabei schnell auf „14“ gestoßen bin – dem düster-rätselhaften Cover und der Inhaltsbeschreibung nach offenbar ein typischer „Haunted House“-Horror-Roman, der mich rein vom Setting her fast sogar noch etwas mehr angesprochen hat als „The Fold“. Nach unheimlichem Grusel sieht es in der Geschichte selbst zunächst aber eher wenig aus und der einzige Horror scheint sich der Hauptfigur Nathan Tucker wohl in seinem tristen Büro-Alltag zu bieten, wo er stupide Rückläufer von Werbemailings in Datenbanken einträgt und die fast tägliche Kritik seines nörgelnden Chefs ertragen muss. Dabei gibt der Schauplatz der Handlung, das unter Denkmalschutz stehende und inzwischen schon recht abgewrackte Kavach Building, eigentlich auf den ersten Blick alles her, was eine gute Horror-Story braucht: ein altes Gemäuer, kauzige Gestalten, geheimnisumwobene versperrte Räume, düstere Kellergewölbe, der immer wieder gerne genommene kaputte Fahrstuhl und sogar das fast schon ebenso obligatorische „Selbstmordzimmer“, das in den vergangenen Jahrzehnten eine erschreckend hohe Anzahl Suizidopfer hervorgebracht hat.

Mysteriöse Spurensuche mit den Nachbarn

Was auf den ersten Blick also vielleicht ein wenig an die Stephen-King-Geschichte „1408“ erinnert, wird jedoch eher zu einem faszinierenden und überraschend heiteren Rätselspaß – überraschend zumindest, wenn man „The Fold“ nicht gelesen hat, denn Peter Clines legt auch hier die gleiche kurzweilige und amüsante Erzählweise an den Tag, die schon dem SciFi-Thriller einen so hohen Unterhaltungswert beschert hat. So sind Nates Nachbarn zwar vielleicht tatsächlich ein wenig skurril, entpuppen sich aber schnell als ziemlich sympathischer Haufen. Dass Clines bei seinen Charakteren auf so manches Klischee zurückgreift – sei es die freizügige Rebellin, die indische Computerspezialistin oder der stocksteife Religionsfanatiker –, sei dabei verziehen, denn es macht einfach Spaß, dieser ungewöhnlichen Gemeinschaft bei der mysteriösen Spurensuche zuzusehen. Mit ihren regelmäßigen Sitzungen auf der Dachterrasse oder in der Gemeinschaftsecke des Gebäudes wirken die Bewohner des Kavach Buildings dabei wie ein kleiner Rätselclub, der mit großer Begeisterung hinter die Geheimnisse des Gebäudes zu kommen versucht, und als Leser fühlt man sich stellenweise fast so, als wäre man selbst ein Teil dieser sympathischen Gemeinschaft.

Ein spannender und höchst unterhaltsamer Mystery-Krimi

So werden dann nach und nach die kleinen Puzzleteile bei einem immer größer werdenden Suchtfaktor zu einem faszinierenden Gesamtbild zusammengesetzt und führen zur einer Auflösung, die man nach den eher gemütlichen ersten beiden Dritteln so wohl nicht erwartet hätte und die überraschend spektakulär ausfällt. Fans von „The Fold“ dürfen sich sogar besonders freuen, denn „14“ spielt im gleichen Universum, was sich anfangs vor allem durch die hier ebenfalls auftauchenden grünen mutierten Kakerlaken und im späteren Verlauf noch durch einige weitere und weitaus bedeutendere Parallelen zeigt. Dabei spielt es keine Rolle, welches von beiden Büchern man zuerst liest, da die Geschichten nicht aufeinander aufbauen, sondern sich vielmehr gegenseitig ergänzen. Wer „The Fold“ schon mochte, wird sicherlich auch von „14“ begeistert sein, denn auch wenn die Szenarien zunächst völlig unterschiedlich scheinen, so sind die beiden Romane vom Stil her doch sehr ähnlich und setzen neben spannendem Rätselraten vor allem auf sympathische Charaktere und einen sehr charmanten Humor – zudem gibt es auch hier wieder einige kleine, aber feine Anspielungen auf SciFi-Filme, -Serien und -Romane zu finden. So ist „14“ zwar nicht der vielleicht erwartete Horror-Thriller, dafür aber ein höchst unterhaltsamer und sehr faszinierender Mystery-Krimi, der einfach großen Spaß macht. Da bleibt eigentlich nur zu hoffen, dass Peter Clines sein Universum noch lange nicht ausgereizt hat und weitere Bücher dieser Art folgen werden!

14
  • Autor:
  • Umfang: 372 Seiten
  • Verlag: Permuted Press
  • Erscheinungsdatum: 5. Juni 2012
  • Preis Taschenbuch 15,12 €/eBook 6,26 €
Cover:
Charaktere:
Story:
Atmosphäre:
Gesamt:
9/10
Fazit:
Etwas überraschend bietet Peter Clines' "14" nicht den vielleicht erwarteten typischen Spukhaus-Horror, sondern entpuppt sich als faszinierender, spannender und äußerst unterhaltsamer Mystery-Krimi mit einer sehr sympathischen Rätsel-Truppe, tollem Humor und packender Atmosphäre.

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Eine Anwort zu diesem Beitrag

  • Offensichtlich ist “Der Seelenbrecher” eine sehr gute Übung, denn ich kann deine Rezensionen jetzt zweimal schneller lesen! 😀 Ich hoffe natürlich auch auf viele „Sidequels.“