Tags: Coming-of-age, Insekten, Katastrophe, Sex, Trash
Genre: Jugendroman, Science Fiction
Als Teenager hat man es nicht immer einfach, schon gar nicht wenn man in einem amerikanischen Kaff wie Ealing in Iowa aufwächst, wo die wenigen Attraktionen eine nach der anderen schließen und immer mehr leerstehende Häuser zurückbleiben. Fast zwangsläufig verbringt der 16-jährige Austin Szerba seine Freizeit daher überwiegend damit, mit seinem besten Freund Robby rauchend in ihrem improvisierten Skatepark abzuhängen und davon zu träumen, seiner Freundin Shann endlich an die Wäsche gehen zu dürfen. Verkompliziert wird die Sache auch noch dadurch, dass Robby schwul und hoffnungslos in Austin verliebt ist und dieser sich wiederum gar nicht mal so sicher ist, dass er die Gefühle seines besten Freundes nicht vielleicht doch ein wenig erwidert. Das letzte was Austin in seiner Situation nun gebrauchen kann, sind menschengroße, unglaublich gefräßige und fortpflanzungswütige Gottesanbeterinnen, die es auf die Bevölkerung von Ealing abgesehen haben – aber man kann sich sein Leben eben nicht immer aussuchen…
Der Weltuntergang aus der Sicht eines dauergeilen Teenagers
Man kann Andrew Smith schon einmal nicht vorwerfen, dass es ihm bei seinem Roman „Grasshopper Jungle“ an Kreativität gemangelt hat, denn wann liest man schon mal von einer Geschichte, in der sexbesessene Riesen-Insekten eine amerikanische Kleinstadt attackieren und dabei die ohnehin schon schwierige Pubertät eines Teenagers zusätzlich ins Chaos stürzen? Bis es aber so weit kommt, ist „Grasshopper Jungle“ jedoch erst einmal ein überraschend gewöhnlicher Jugendroman, der sich um die Probleme des Erwachsenwerdens dreht. Geschildert werden die Ereignisse aus der Sicht des 16-jährigen Austin Szerba, dem Spross einer polnischen Einwandererfamilie, der die meiste Zeit damit beschäftigt ist, gegen die unglaubliche Langeweile im öden Ealing und seine permanente Geilheit anzukämpfen. Denn dass bei Austin die Hormone gehörig verrückt spielen, daran lässt Andrew Smith von Beginn an keine Zweifel aufkommen: Gerade in der Anfangsphase gibt es kaum eine Situation, die bei Austin nicht zu den Worten „… made me horny“ führt.
Coming-of-Age-Story zwischen triebgesteuerten Killer-Insekten
Auch wenn das sehr nach oberflächlicher und niveauloser Unterhaltung klingt, so hat „Grasshopper Jungle“ bei genauerem Hinsehen doch eine durchaus sensible Coming-of-Age-Story zu bieten, in der sich die Hauptfigur über seine eigene Sexualität nicht sicher und zwischen seiner Freundin und seinem besten Freund hin- und hergerissen ist und keinen von beiden enttäuschen will, was für die skurrile Dreiecksbeziehung aber auch nicht immer glücklich ist. Absurd wird es eigentlich erst nach einem guten Drittel des Buches, wenn sich die große Katastrophe langsam anbahnt und (endlich! :D) die riesigen Gottesanbeterinnen ins Spiel kommen, die ihrer natürlichen Bedürfnisbefriedigung (die elegante Umschreibung für Fressen und Vögeln) mit einer derartig zügellosen Hemmungslosigkeit nachgehen, dass die ohnehin schon amüsante Story nun völlig abgedreht wird.
Gewöhnungsbedürftiger Stil mit ganz eigenem Charme
Natürlich ist Andrew Smiths Roman keine anspruchsvolle Literatur, dafür ist alleine der Schreibstil schon viel zu primitiv. Allerdings wirkt dieser sehr authentisch, da Austin seinen ganz eigenen Erzählstil hat und in einer ungefilterten Chronik aus Relevantem und völlig Nebensächlichem über die Ereignisse berichtet. Diese ist geprägt von vielen Wiederholungen und schweift auch gerne mal auf die abenteuerliche Familiengeschichte der Szerbas ab – und das zuweilen auch in den ungünstigsten Momenten. Das alles hat aber einen sehr eigenen Charme, dem man sich mit ein wenig Toleranz für Absurdes letztlich nur schwer entziehen kann. „Grasshopper Jungle“ nimmt sich glücklicherweise auch selbst nicht allzu ernst und Andrew Smith scheint sich des Trash-Faktors seines Katastrophenszenarios auch zu jedem Zeitpunkt voll bewusst zu sein. Zur weiteren Unterhaltung tragen dann z.B. auch sehr amüsante Kapitelüberschriften wie „Stupid People Should Never Read Books“ oder „Never Look for Ice Cream in a Sperm Freezer“ bei.
Originelle und gewollt trashige Unterhaltung
Andrew Smiths „Grasshopper Jungle“ ist sicherlich nicht für jeden Leser die richtige Unterhaltung: Wer den Gedanken an dauerkorpulierende Gottesanbeter-Fressmaschinen nicht amüsant findet, macht um das Buch besser gleich einen großen Bogen. Wer dabei aber ein Schmunzeln nur schwer unterdrücken kann, wird hier auf skurrile Art und Weise bestens unterhalten. Und am Schluss wird man dann vermutlich feststellen müssen, dass die in dieser Zusammensetzung zunächst völlig bescheuert klingende Empfehlung „If you’re a fan of John Green, Michael Grant or Stephen King, get your pincers stuck into this“ auf dem Umschlag das von Andrew Smith gebotene Sci-Fi-Trash-Coming-of-Age-Spektakel eigentlich gar nicht so schlecht auf den Punkt bringt.
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Charaktere: | |
Story: | |
Atmosphäre: |
8/10