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Ein Mann sieht sich ohne Vorwarnung der Willkür der Justiz ausgesetzt und kämpft verzweifelt um seine Freiheit.

Am Morgen seines 30. Geburtstages wird der Bankprokurist Josef K. ohne jede Ankündigung in seiner Wohnung von zwei Fremden überrascht und verhaftet. K. reagiert gleichermaßen erstaunt wie fassungslos, erst recht als sich die beiden Beamten vehement weigern, ihm den Grund für seine Festnahme mitzuteilen. Zunächst zieht er daher noch einen üblen Scherz seiner Arbeitskollegen in Betracht, doch ihm wird schnell klar, dass die Männer tatsächlich im Auftrag eines Gerichtes gehandelt haben. Zwar darf sich K. noch frei bewegen und kann somit auch seiner Arbeit weiterhin nachgehen, dennoch steht er fortan unter ständiger Beobachtung. Empört versucht er daher, sich bei dem zuständigen Gericht Gehör zu verschaffen und den vermeintlichen Irrtum aus der Welt zu schaffen, doch dieses Unterfangen stellt sich schnell als ein Kampf gegen Windmühlen heraus, den K. nicht gewinnen kann…

Der unvollendete Klassiker

Dass ich überhaupt erst zu Franz Kafkas „Der Prozess“ gegriffen habe, hat einzig und alleine den Grund, dass mein Hörbuch-SUB inzwischen kaum noch vorhanden ist und sich nun nur noch SUB-Leichen in meiner Bibliothek befinden, bei denen es sich vorrangig um Gratis-Downloads von Klassikern der Literaturgeschichte handelt. Da muss dann schon mal zur Überbrückung der Wartezeit auf das nächste Audible-Guthaben der ein oder andere Titel herhalten, bei dem sich die Vorfreude auf die Lektüre doch arg in Grenzen hält – wie eben nun bei Kafka. Dessen Werke sind bisher (auch in meiner Schulzeit) komplett an mir vorbeigegangen und so habe ich mich dann letztlich trotz einiger Berührungsängste an „Der Prozess“ gewagt.

Beklemmendes Albtraum-Szenario

Zu meiner großen Überraschung fällt der Einstieg in die Geschichte dann sogar überraschend interessant aus: Ein Mann wird aus heiterem Himmel verhaftet, ohne jedoch den Grund für seine Festnahme zu erfahren. Er soll sich für den ihm drohenden Prozess bereithalten, hat aber keine Möglichkeit, genauere Details des Verfahrens herauszufinden – was eine Verteidigung natürlich so gut wie unmöglich macht. Dieses Szenario ist beängstigend und wirkt wie ein Albtraum, aus dem es kein Entkommen gibt. Wie schlimm muss eine solche Ungewissheit sein, in der man selbst nicht mehr Herr seiner Lage ist und völlig der Willkür einer höheren Instanz ausgeliefert ist? Zumal der Protagonist Josef K. nicht einmal über die Schwere des ihm zu Last gelegten Verbrechens informiert wird, geschweige denn welche Personen hinter seiner strafrechtlichen Verfolgung stecken. Gerade aus dieser Unsicherheit zieht die Handlung zu Beginn großen Reiz, zudem erzeugt Kafka durch den ungleichen Kampf K.s gegen die Obrigkeit und fast schon bizarre Verwirrspiele eine sehr beklemmende und surreale Atmosphäre.

Stillstand in der zweiten Hälfte

Leider erreicht „Der Prozess“ aber spätestens in der Mitte einen Punkt, an dem es in der Geschichte nicht mehr wirklich vorwärts geht. Die Bemühungen Josef K.s drehen sich im Kreis, zudem schweift Kafka zunehmend vom eigentlichen Thema ab und verliert sich immer mehr in Nebensächlichkeiten. Hier merkt man dem Werk deutlich seine etwas abenteuerliche Entstehungsgeschichte an, die nun wirklich nicht als strukturiert bezeichnet werden kann und von vielen Ablenkungen geprägt war. Außerdem sollte man wissen, dass Franz Kafka den Roman vor seinem Tod nicht mehr vollendet hat, sodass gerade der Schlussteil sehr wirr und unfertig wirkt. Zwar liefern die letzten Sätze durchaus einen Abschluss der Geschichte, dennoch bleiben eigentlich alle essentiellen Fragen unbeantwortet, was nach der Lektüre ein sehr unbefriedigendes Gefühl zurücklässt. Da quält man sich schon durch eine fast sterbenslangweilige zweite Hälfte und wird für diese Ausdauer nicht einmal belohnt.

Bleibt inhaltlich und sprachlich hinter den Erwartungen zurück

Auch sprachlich hatte ich mir von diesem Roman durchaus etwas mehr erwartet. Zwar war ich froh, dass Kafkas Stil nicht so geschwollen und umständlich ausfiel wie befürchtet, allerdings war ich von der sprachlichen Schlichtheit der Erzählung dann doch ein wenig enttäuscht. Man möge mich vielleicht für meine Ansichten steinigen und mir vorwerfen, den tieferen Sinn des Werkes nicht verstanden zu haben, allerdings bezweifle ich ob der profanen Geschichte ernsthaft, dass ein solcher überhaupt vorhanden ist. Mich hat Kafka jedenfalls nach der spannenden Anfangsphase völlig verloren und ohne die gewohnt gute Lesung von Erich Räuker wäre ich wohl des öfteren versucht gewesen, das Hörbuch abzubrechen.

Fazit:
Ein Roman mit einer beklemmenden Ausgangssituation, der aber schnell abflacht und sich ab der Hälfte in Belanglosigkeiten verliert (5/10).

Der Prozess
Autor: Franz Kafka; Sprecher: Erich Räuker; Spieldauer: 08 Std. 11 Minuten (ungekürzt); Anbieter: Audible GmbH; Veröffentlicht: 29. Januar 2009; Preis: 4,95 €.

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