Presumed Guilty_Rezi

Yoko Tanaka hat es in ihrer FBI-Karriere schon mit einigen Mördern zu tun bekommen, doch ausgerechnet an einem 19-jährigen Collegestudenten beißt sie sich nun die Zähne aus: Jefferson Winter steht unter dringendem Tatverdacht, mehrere Frauen auf grausame Weise getötet und seinen Opfern das Herz herausgenommen zu haben. Obwohl Winter die Taten nicht leugnet, wird das Verhör für Tanaka zu einer zähen Angelegenheit, denn der junge Mann scheint die ihm zuteil werdende Aufmerksamkeit regelrecht zu genießen und mit dem FBI ein perfides Spiel zu spielen. Selbst die erfahrene Profilerin ist von der Kaltblütigkeit Winters verstört, allerdings scheint Jefferson mörderische Veranlagung ihm schon in die Wiege gelegt worden zu sein – er ist nämlich der Sohn eines bereits verurteilten Serienkillers…

Die Vorgeschichte zum Thriller „Broken Dolls“ mit Profiler Jefferson Winter

Mit seinem Debütroman „Broken Dolls: Er tötet ihre Seelen“ legte der schottische Autor James Carol kürzlich einen rasanten Thriller um den beratenden Profiler Jefferson Winter hin, der mich aber trotz der spannenden und kurzweiligen Story nicht so wirklich überzeugen konnte, was hauptsächlich an der etwas blass geratenen Hauptfigur lag. Mit „Presumed Guilty: Schuldig bis zum Beweis des Gegenteils“, der ersten von mehreren geplanten Novellen zur Vorgeschichte der eigentlichen Romanreihe, wirft Carol aber nun ein ganz neues Licht auf seinen Protagonisten, das diese Scharte auswetzen könnte. Das Besondere am ersten Teil der „Jefferson-Winter-Chroniken“: Die Geschichte beginnt mit komplett vertauschten Rollen, denn Winter hat seinen ersten Auftritt zwar in einem FBI-Verhörraum, allerdings an der falschen Seite des Tisches – alles deutet nämlich darauf hin, dass der zu diesem Zeitpunkt 19-jährige Student ein skrupelloser Serienkiller ist, der bereits mehrere Frauen auf dem Gewissen hat. Und was gerade bei den Lesern von „Broken Dolls“ für Verwirrung sorgen dürfte: Jefferson Winter ist geständig…

Der geniale Ermittler als wahnsinniger Serienkiller?

Natürlich sollte man bei einer 3-stündigen Novella (knapp 100 Seiten in der eBook-Ausgabe) keinen wahnsinnig raffinierten Kriminalfall erwarten, dafür ist in dieser kurzen Zeit einfach zu wenig Raum. Die Mordserie steht aber auch gar nicht unbedingt im Mittelpunkt von „Presumed Guilty“, denn das Prequel dient in erster Linie dazu, der Figur Jefferson Winter mehr Tiefgang zu verleihen – und das gelingt James Carol hier auf jeden Fall. Wer den erwachsenen Profiler erlebt hat, wird sich bei dieser Geschichte sicherlich die Augen reiben, denn mit 19 Jahren wirkt Winter in erster Linie wie ein Psychopath aus dem Lehrbuch: arrogant, emotionslos und mit einer schier diebischen Freude daran, dem großen FBI auf der Nase zu tanzen. Und genau in dieser Charakterisierung liegt der Reiz von „Presumed Guilty“, denn man fragt sich die ganze Zeit ungläubig, wie aus diesem scheinbar Wahnsinnigen später mal ein Kämpfer gegen das Verbrechen werden konnte und vor allem, wie Winter in seiner offenbar ausweglosen Situation überhaupt den Kopf aus der Schlinge ziehen kann.

Lohnenswertes Prequel mit spannendem neuen Blickwinkel auf die Figur Jefferson Winter

Mir hat diese Vorgeschichte daher sehr gut gefallen, weil hier eine Seite Jefferson Winters gezeigt wird, die den Charakter deutlich interessanter macht und weil auch endlich die in „Broken Dolls“ kaum thematisierte Vater-Sohn-Beziehung des Serienkiller-Sprösslings zur Sprache kommt. Dass der Kriminalfall dabei fast im Vorbeigehen und letztlich eher oberflächlich abgehandelt wird, ist dabei absolut in Ordnung, dieser dient hier ohnehin nur als Grundgerüst der Handlung. Nicht selten hatte ich während der Geschichte das Gefühl, dass der 19-jährige Jefferson Winter vielleicht sogar die spannendere Wahl für eine Romanreihe gewesen wäre und die Bücher als eine Art Young-Adult-Serie möglicherweise sogar besser funktionieren würden – aber das werden die kommenden Bände der Hauptreihe und der Jefferson-Winter-Chroniken zeigen. „Presumed Guilty“ ist für mich jedenfalls zur Abwechslung mal eine wirklich sinnvolle Novella, die für Fans von „Broken Dolls“ einen tatsächlichen Mehrwert hat – auch wenn die Novella mit Preisen von 5 Euro für das eBook und rund 7 Euro für das (von Dietmar Wunder gewohnt atmosphärisch gelesene) Hörbuch wahrlich kein Schnäppchen ist.

Presumed Guilty: Schuldig bis zum Beweis des Gegenteils
  • Autor:
  • Sprecher: Dietmar Wunder
  • Original Titel: Presumed Guilty
  • Reihe: Jefferson-Winter-Chroniken #1
  • Länge: 3 Std. 2 Min. (ungekürzt)
  • Verlag: Der Audio Verlag
  • Erscheinungsdatum: 13. März 2015
  • Preis Hörbuch 7,95 €/ebook 4,99 €
Charaktere:
Story:
Atmosphäre:
Sprecher:
Gesamt:
8/10
Fazit:
James Carol liefert mit seinem „Broken Dolls“-Prequel „Presumed Guilty“ einen spannenden neuen Blickwinkel auf seine Hauptfigur Jefferson Winter, der als 19-jähriger Psychopath einen deutlich interessanteren Protagonisten abgibt als der spätere Profiler.

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2 Antworten zu diesem Beitrag

  • Huhu,
    „Broken Dolls“ liegt noch auf meinem SuB und bisher wusste ich noch nicht mal, dass es da ne Vorgeschichte gibt 😀
    Aber jetzt weiß ich Bescheid und aufgrund deiner wirklich tollen Rezi freu ich mich schon drauf.

    Da musste ich ja direkt Leserin werden

    Viele liebe Grüße
    Nelly

    • Ich hab’s auch eher durch Zufall gesehen dass es diese Prequel-Reihe gibt aber ich find die Idee echt gut, gerade weil es mich bei „Broken Dolls“ sehr gestört hat dass dieser spezielle „Mein Vater ist ein Serienkiller“-Aspekt kaum thematisiert wurde.