Eleganz des Tötens_Rezi

Stephen Killings hat gerade erst seine Stelle als Juniorprofessor an der renommierten Universität in Cambridge angetreten, als er eine erschreckende Entdeckung macht: Auf dem Campus findet er eines Abends im Gebüsch die Leiche einer jungen Frau, die er trotz der seltsamen Maske auf ihrem Gesicht als die seit einem Jahr in der Region vermisste Schönheitskönigin Miranda identifiziert. Immer noch unter Schock ruft Stephen aufgeregt die Polizei, doch als er die eintreffenden Ermittler zum Fundort führt, ist der Körper der Frau plötzlich spurlos verschwunden. Da auch eine genauere Untersuchung des vermeintlichen Tatorts keinerlei Spuren hervorbringt, welche die Aussagen des jungen Dozenten bestätigen könnten, glaubt die Polizei an einen schlechten Scherz und nimmt Stephen über Nacht in Gewahrsam. Auch die Universitätsleitung ist von dem Auftritt ihres neuen Mitarbeiters alles andere als begeistert und droht bei dem nächsten Vorfall mit dem Rausschmiss aus Cambridge. Doch Stephen ist davon überzeugt, dass er sich die Leiche der Frau nicht eingebildet hat und sieht sich bestätigt, als wenig später ein weiterer toter Körper aufgefunden wird…

Achtung: Thriller mit SciFi-Elementen!

Bevor ich auf meine Meinung zu diesem Buch eingehen werde, vorab eine ausdrückliche Warnung: A.K. Benedicts neuer Roman „Die Eleganz des Tötens“ wird zwar als Thriller beworben, diese Genrezuweisung ist aber mit Vorsicht zu genießen. Der Teufel versteckt sich nämlich im Detail, bzw. im Klappentext. Dort wird der Killer als „Wanderer zwischen den Zeiten“ bezeichnet, und dies darf man als Leser gerne wörtlich nehmen, denn so viel sei ohne zu spoilern bereits verraten: Der Täter in Benedicts Buch ist in der Lage, durch die Zeit zu reisen. Wer also bei Thrillern Wert auf eine realistische Story legt, kann von „Die Eleganz des Tötens“ fast schon direkt Abstand nehmen. Dies war mir vor der Lektüre aber bewusst und ich habe mich auf eine spannende Geschichte mit einem zeitreisenden Serienkiller gefreut, ähnlich wie sie zum Beispiel auch Lauren Beukes‘ „The Shining Girls“ bietet – und das Buch beginnt auch sehr verheißungsvoll.

Interessantes Setting mit viel Potenzial…

Ein Mann findet eine Leiche, ruft die Polizei und als er diese zum Tatort führen will, ist die Leiche plötzlich weg – und mit ihr alle Spuren, die seine Geschichte bestätigen könnten. Alles wendet sich gegen den Mann, doch dieser bleibt beharrlich bei seiner Version. Als Leser hat man hier den Vorteil, dass man den Jungdozenten Stephen Killigan bei seiner grausigen Entdeckung begleitet hat und rätselt nun ebenso wie dieser, wie es möglich sein kann, dass die Leiche und jede noch so kleine Spur in so kurzer Zeit verschwunden ist. Und es wird noch rätselhafter, denn wenig später wird die stark verweste Leiche eines Jungen gefunden, der jedoch gerade mal vor einem Tag als vermisst gemeldet wurde. Während die Polizei und Stephen noch verzweifelt versuchen, eine logische Erklärung dafür zu finden, ist der Leser dank Einblicken in die Täterperspektive bereits weiter und weiß über die Zeitreise-Thematik Bescheid. Die Ausgangssituation für eine wirklich originelle Story ist also gegeben, schließlich ergeben sich durch die besondere Fähigkeit des Serienkillers nahezu unendliche Möglichkeiten für die Autorin, eine spannende Geschichte mit interessanten Gedankenspielen zu erzählen.

… welches aber leider kaum ausgeschöpft wird

Leider schöpft Benedict das Potenzial des Settings aber kaum richtig aus und die Handlung verliert nach dem guten Auftakt sehr schnell an Fahrt und verheddert sich immer wieder in Belanglosigkeiten, die dann minutenlang ausdiskutiert werden. Hier entpuppt sich leider auch die Täterfigur als große Enttäuschung, denn was die Voraussetzungen zu einem charismatisch-intelligenten Killer im Stil eines Joe Carroll („The Following“) mit sich bringt, entpuppt sich früh als geschwätziger und selbstverliebter Langweiler, der lieber ewig lange über die Schönheit seiner mörderischen Kunst philosophiert statt dieser auch tatsächlich nachzugehen. Wenn ich schon einen zeitreisenden Serienkiller in einem Buch habe, soll dieser bitte auch genau das machen: Durch die Zeit reisen und morden, und nicht nur plaudern. Spannung kommt daher im gesamten Roman eigentlich kaum auf, auch weil Benedict die Zeitsprünge mit fortschreitender Handlung immer mehr ins Chaos gleiten lässt und man scheinbar völlig willkürlich zwischen Gegenheit und Vergangenheit hin- und hergeworfen wird.

Gute Lesung, passable Geschichte

Positiv hervorzuheben ist aber die Erzählweise des Buches, die auch in der Hörbuchversion gut umgesetzt wurde. Es gibt nämlich gleich drei Erzählperspektiven: Die Stephen Killigans, die des Mörders und die der Ermittlerin Jane Horne – man springt also ständig zwischen Jägern und Gejagtem hin und her, wobei diese Rollen durchaus wechseln. Im Hörbuch gibt es dann auch für jede Hauptfigur einen eigenen Sprecher bzw. eine eigene Sprecherin: Jan Uplegger übernimmt Stephen, Charles Rettinghaus den Täter und Tanja Geke die Polizistin. Und auch wenn das Buch nur stellenweise überzeugen kann: An der Leistung der Erzähler gibt es überhaupt nichts auszusetzen. Diese schaffen es dann auch, die häufig etwas langatmige Geschichte über die Distanz zu retten. Trotzdem täuscht auch das nicht darüber hinweg, dass „Die Eleganz des Tötens“ im direkten Vergleich mit Lauren Beukes‘ „The Shining Girls“ klar den kürzeren zieht.

Die Eleganz des Tötens
  • Autor:
  • Sprecher: Charles Rettinghaus, Jan Uplegger, Tanja Geke
  • Original Titel: The Beauty of Murder
  • Länge: 15 Std. 49 Min. (ungekürzt)
  • Verlag: Audible GmbH
  • Erscheinungsdatum: 2. Mai 2014
  • Preis 24,95 € (9,95 € im Audible-Flexi-Abo)
Charaktere:
Story:
Atmosphäre:
Sprecher:
Gesamt:
6/10
Fazit:
Passabler SciFi-Thriller, der aus dem interessanten Setting aber viel zu wenig herausholt und einfach zu oft zu langatmig ausfällt.

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