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In einem verlassenen Haus wird ein altes Buch entdeckt. Schnell zieht dieses fast eine ganze Kleinstadt in seinen Bann – mit verheerenden Folgen…

Felixstowe ist ein kleines Hafenstädtchen an der englischen Ostküste und einer dieser Orte, in denen nachts die Bürgersteige hochgeklappt werden. Die Jugendliche langweilen sich in ihrer Freizeit zu Tode und besonders große Zukunftsaussichten bietet ihnen Felixstowe auch nicht. Auch der Kleinkriminelle Jezza und seine Gang haben nichts besseres zu tun, als sich ihr Herumtreiber-Leben mit kleineren Diebstählen zu finanzieren. Ihr neuestes Objekt der Begierde ist ein verlassenes und heruntergekommenes Haus mitten im Nirgendwo, in dem Jezza auf ein paar alte Schätze hofft, die er anschließend bei seinem zwielichtigen Zwischenhändler verhökern kann.

Ein altes Kinderbuch mit bösen Absichten

Das Innere des Hauses sieht erwartungsgemäß wenig einladend aus, sodass Jezzas Freundin Shiela und seine Kumpels gerne wieder das Weite suchen würden. Auf ihren Anführer übt das Gemäuer aber eine seltsame Faszination aus, erst recht als er auf eine Kiste mit alten Ausgaben eines Kinderbuches stößt. Als Jezza die ersten Zeilen des Buches liest, macht er eine seltsame Veränderung durch. Er verhält sich plötzlich sehr merkwürdig, spricht von fremden Personen und Orten und gibt sich als König einer Fantasiewelt aus. Während Shiela zunächst noch an ein Spiel glaubt, wird ihr bald darauf klar, dass das Buch allem Anschein nach viel mehr ist als nur eine harmlose Gute-Nacht-Geschichte für Kinder…

Auftakt der „Dancing Jax“-Trilogie von Robin Jarvis

Der Klappentext zu „Auftakt“, dem ersten Band der „Dancing Jax“-Trilogie des Autors Robin Jarvis, fällt ungewöhnlich kurz aus: „Dieses Buch ist böse… Du solltest dich ihm nicht nähern. Du solltest nicht darüber sprechen. Was auch immer du tust, öffne es nicht!“. Abgesehen davon, dass manche Leute offenbar grundsätzlich eine solche Einstellung gegenüber Büchern haben, hat mich dieser kurze Teaser doch recht neugierig gemacht, wenngleich das Buch ehrlich gesagt in erster Linie ein reiner Cover-Kauf war – schließlich ist das Jugendbuch aus dem script5-Verlag optisch wirklich ein echter Hingucker.

Gelungener und unheimlicher Einstieg

Die ersten Seiten waren dann auch recht vielversprechend, schließlich startet die Geschichte direkt mit dem Ausflug in das düstere Geisterhaus, in dem offenbar unheimliche Dinge geschehen. Während die plötzliche Wandlung der Halbstarken zwar noch etwas befremdlich wirkt, sorgt Jarvis kurz darauf mit einem dramatischen und schockierenden Ereignis für ein mulmiges Gefühl. Diese Tragödie verändert das Leben der Kleinstadtbewohner von einem Tag auf den anderen, was sich vor allem rund um die Schule des Ortes offenbart. Den wenigen Lehrern, die noch an ihren Schülern interessiert sind, fallen beunruhigende Veränderungen an den Jugendlichen auf, die sie zunächst dem verheerenden Unglück zuschreiben.

Gute Ausgangsidee – lahme Umsetzung

Der Leser ist zu diesem Zeitpunkt bereits schlauer und weiß, dass das apathische und verwirrte Verhalten der Kinder seine Ursache in dem in der Eröffnungsszene entdeckten Kinderbuch hat, dass seine Leser fast wie ein Virus befällt und sie in seine Geschichte hineinzieht. An sich keine schlechte Ausgangsidee, wenn das Buch im Buch eine interessante und faszinierende Story zu bieten hätte – hat es aber nicht. „Dancing Jacks“ (kein Tippfehler!) ist anscheinend ein Fantasyroman über ein mysteriöses Königreich voller Ritter, Gaukler, Knechte und Adliger. Solche Stoffe zählen ohnehin nicht gerade zu meinem Lieblingsgenre, erschwerend kommt aber noch hinzu dass Jarvis seinen Lesern immer nur kurze Auszüge aus dem vermeintlichen Kinderbuch vorsetzt, die ohne jeden Zusammenhang stehen. Diese sind nämlich weder spannend noch geheimnisvoll, sondern einfach nur verwirrend und mit der Zeit zunehmend nervig, sodass ich fast geneigt war diese Passagen einfach zu überspringen. Amüsanterweise bezeichnet auch einer der im Buch vorkommenden Charaktere das Werk als „komisch“, „undurchsichtig“, „kindisch“ und „ohne durchgängige Geschichte“, was ich so nur unterschreiben kann.

Viele Wiederholungen im Handlungsablauf

Aufgrund dieser wirren Erzählung wirkte es auf mich umso seltsamer und unglaubwürdiger, dass dieses Buch als Auslöser dieser beunruhigenden Bewegung dienen soll. Wenn nämlich plötzlich aus aufrührerischen, rotzfrechen und aggressiven Jugendlichen absolut zahme Leseratten werden, die sich als Herzbuben, Pikdamen oder sonstige Fantasyfiguren ausgeben, so ist das eher unfreiwillig komisch als wirklich unheimlich. Problematisch ist zudem, dass die Handlung immer nach dem gleichen Prinzip abläuft: Eine Figur steht den bereits „infizierten“ skeptisch gegenüber, gerät dann in den Bann von „Dancing Jacks“ und wird plötzlich selbst zum Spielkarten-Zombie – und das wieder und wieder und wieder.

Fast ausschließlich unsympathische Charaktere

Erschwert wird die Angelegenheit auch noch dadurch, dass es so gut wie gar keine Identifikationsfiguren gibt, mit denen man sich als Leser verbünden und mitfiebern könnte. Bis auf den sympathisch-nerdigen Lehrer Martin Baxter und seinen ebenso Sci-Fi-begeisterten Stiefsohn Paul (beide bauen in ihrer Freizeit heimlich ihre eigene Tardis…) besteht die Story fast nur aus asozialen Herumtreibern und aggressiven Schlägern, die den wenigen „normalen“ Schülern das Leben zur Hölle machen. Außerdem präsentiert der Autor seinen Lesern eine hohe Anzahl von Figuren, die aufgrund ihrer Gleichartigkeit aber kaum hängenbleiben und eher für Gleichgültigkeit sorgen als große Sympathien zu wecken. Hier wären vielleicht weniger Charaktere, dafür aber mit etwas mehr Tiefgang wünschenswert gewesen.

Macht nur bedingt Lust auf den Rest der Trilogie

Während die Handlung also so vor sich hinplätschert, immer mehr Figuren von dem Buch befallen werden und man sich langsam fragt, warum man „Auftakt“ eigentlich immer noch in den Händen hält, überrascht Jarvis immerhin noch mit einem durchaus unterhaltsamen und halbwegs spannenden Finale. Ob das aber reicht, um die Neugier auf den zweiten Band der Trilogie zu wecken, wage ich mal zu bezweifeln. Ich werde jedenfalls so schnell nicht zur Fortsetzung greifen, zumal der holprige Schreibstil mir auch nicht wirklich zugesagt hat.

Fazit:
Außen Top, innen Flop: Der Auftakt der „Dancing Jax“-Reihe bietet zwar gute Ansätze, nervt aber mit einer wirren Parallelwelt, ständigen Wiederholungen und überwiegend unsympathischen Charakteren (5/10).

Buchcover
Autor: Robin Jarvis; Originaltitel: Dancing Jax; Umfang: 544 Seiten; Verlag: script5; Erscheinungsdatum: 10. September 2012; Preis: Broschierte Ausgabe 14,95 €.

Link zum Buch

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2 Antworten zu diesem Beitrag

  • War bei mir auch ein reiner Cover und Schnäppchen Kauf, aber leider hab ich bisher echt nur schlechtes drüber gelesen -.-

    • Ich hab mich da auch ein bisschen von den guten Amazon-Bewertungen blenden lassen und Rezensionen auf anderen Blogs ein wenig vernachlässigt.

      Beim nächsten Mal bin ich schlauer 😉