Autor: Michael Crichton
Sprecher: Oliver Rohrbeck
Länge: 13 Std. 05 Min. (ungekürzt)

Inhaltsbeschreibung von audible.de:
Während der japanische Nakamoto Konzern die Eröffnung seines neuen Geschäftsgebäudes in Los Angeles mit einer rauschenden Party feiert, wird im selben Gebäude die junge Cheryl Lynn Austin ermordet. Doch obwohl das ganze Gebäude mit Kameras gesichert ist, ist gerade die Aufnahme des Mordes verschwunden. Führende Konzernmitglieder scheinen genauso ein Interesse an der Vertuschung der Tat zu haben wie hochgestellte amerikanische Politiker…

Meine Hörbuchbesprechung:
Peter Smith ist Detective beim Los Angeles Police Department und überwiegend als Verbindungsoffizier für Kontakte mit Ausländern zuständig. Mitten in der Nacht wird Smith zu einem Tatort gerufen, der sich in dem riesigen Nakamoto Tower, einem japanischen Bürokomplex, befindet. Dort wurde während der prominent besetzten Eröffnung des Gebäudes die Leiche der 23-jährigen Cheryl Lynn Austin aufgefunden. Am Hals der Toten findet man Spuren, die auf eine Strangulation hinweisen, allerdings besteht bei dem als leichtes Mädchen bekannten Opfers auch die Möglichkeit, dass ihr Tod auf einen Unfall während der Ausübung eher ungewöhnlicher sexueller Praktiken zurückzuführen ist.

Während der Eröffnung eines japanischen Bürogebäudes wird eine junge Frau ermordet

Nach seiner Ankunft im Nakamoto-Gebäude beginnt Smith umgehend mit den Ermittlungen, bei denen ihm der routinierte John Connor zur Seite gestellt wird. Connor arbeitete selbst lange Zeit bei der Polizei und ist aufgrund seiner vielen Auslandsaufenthalte in Asien sehr gut mit der japanischen Kultur vertraut, was die Befragung der Mitarbeiter und Partygäste erleichtern soll. Trotzdem zeigen sich die Verantwortlichen von Nakamoto wenig kooperativ und unterstützen die Polizei nur widerwillig. Außerdem stoßen Smith und Connor schnell auf merkwürdige Auffälligkeiten: So wird zwar der gesamte Gebäudekomplex videoüberwacht, allerdings fehlen genau die Bänder, die zur Tatzeit aufgenommen wurden und den Mörder entlarven könnten…

Teil der Hörbuch-Neuauflagen der Werke des verstorbenen Michael Crichton

Der 2008 an Krebs verstorbene Amerikaner Michael Crichton zählte zu den bedeutendsten und erfolgreichsten Thriller-Autoren der Welt und wurde vor allem durch seinen Roman „Jurassic Park“ bekannt, der mit unfassbarem Erfolg von Steven Spielberg verfilmt wurde. Allerdings hat Crichton darüber hinaus noch einige weitere exzellente Bücher geschrieben, was wohl auch der Random House Verlagsgruppe nicht verborgen geblieben ist. Seit dem letzten Jahr bringt diese nämlich in regelmäßigen Abständen die Werke Crichtons als ungekürzte Hörbücher heraus, so geschehen bereits bei „Jurassic Park“, „Vergessene Welt“, „Airframe“, „Enthüllung“ und kürzlich auch beim Wirtschaftsthriller „Nippon Connection“, der die amerikanisch-japanischen Beziehungen Anfang der 90er-Jahre in den Fokus seiner Geschichte stellt.

Die amerikanisch-japanischen Wirtschaftsbeziehungen der 1990er als Thriller-Aufhänger

Als Hauptfiguren dienen somit auch ein amerikanischer Verbindungsoffizier mit Japan-Schwerpunkt und ein ausgewachsener Japan-Experte, der die fremde Kultur angeblich so gut kennt wie kaum ein zweiter in Los Angeles. Hierzu sollte man vielleicht wissen, dass die Japaner gerade in den 90ern eine aufstrebende Wirtschaftsnation waren und viel Geld in Projekte auf amerikanischem Boden investierten. Dadurch fürchteten die USA etwas übertrieben dargestellt eine ausländische Invasion, was dafür sorgte, dass das Verhältnis zwischen den beiden Industrienationen etwas angespannt war. Somit soll der routinierte John Connor auch als Aufpasser für den in diplomatischer Hinsicht noch recht unerfahrenen Peter Smith fungieren und verhindern, dass dieser durch ein zu forsches Vorgehen oder unbedachte Äußerungen die japanischen Konzern-Mitarbeiter verärgert und dadurch eine Aufklärung des Mordfalls erschwert bzw. sogar verhindert.

Holpriger Beginn mit aufgezwungenem Japanisch-Unterricht

Der Einstieg in die Geschichte fällt zunächst etwas schleppend aus. Michael Crichton kommt nicht direkt zur Sache, sondern hält sich erst einmal mit der Rollenverteilung im LAPD auf und stellt klar, wer hier was zu sagen und wer lediglich Befehle zu befolgen hat. Das ist eher mäßig spannend und wird anschließend auch nicht wirklich interessanter, vor allem weil der Autor den Hörer mit vielen japanischen Dialogen langweilt. Diese verdeutlichen zwar die Kommunikationsschwierigkeiten zwischen Polizei und Nakamoto-Verantwortlichen, allerdings nerven die ständigen Übersetzungen auf Dauer doch sehr. Nachdem dies dann aber endlich etwas abklingt, widmet sich die Geschichte dann dem eigentlichen Fall, nämlich dem Tod der jungen Cheryl Lynn Austin. Dabei scheint die Sache zunächst recht klar: Offensichtlich hatte einer der Partygäste ein Schäferstündchen mit der nicht besonders wählerischen Cheryl, welches dann aber einen unangenehmen Verlauf genommen hat. Ihr Sexualpartner hat es mit den Strangulationsspielchen während des Verkehrs wohl ein wenig übertrieben, sodass die Frau letztendlich erstickte. Der Mörder hält sich vermutlich noch in dem abgeriegelten Gebäude auf, allerdings erschwert die mangelnde Kooperationsbereitschaft seitens Nakamoto die Ermittlungen. Auf der Eröffnungsfeier tummelten sich nämlich einige hochrangige Persönlichkeiten, sodass der Fall zu einer heiklen politischen Angelegenheit wird – schließlich könnte auch einer der Prominenten Cheryls Mörder sein.

Routinierte, überraschungsarme Story mit zahlreichen Japan-Klischees 

Anschließend spult Michael Crichton recht routiniert sein Thriller-Programm herunter, ohne dabei allerdings sonderlich kreativ zu sein. Wenig überraschend sind die Aufnahmen der Videokameras verschwunden, sodass alles auf eine Vertuschung hindeutet. Die üblichen Schritte werden unternommen, bis dann ungefähr zur Hälfte des Hörbüches der Fall gelöst scheint. Bis zu diesem Zeitpunkt war die Geschichte noch recht spannend und unterhaltsam, danach wird es jedoch erst einmal zäh und langatmig. Anschließend plätschert die Handlung nämlich gute zwei bis drei Stunden vor sich hin, obwohl doch offenbar alle Fragen geklärt sind. Stattdessen muss man satte zwei Stunden lang die Bemühungen der Hauptfigur verfolgen, ein Videoband kopieren zu lassen, was Anfang der 90er ungeheuer kompliziert gewesen sein muss – zumindest wenn es nach Michael Crichton geht. In dieser Phase geht es mit der Geschichte leider überhaupt nicht vorwärts, stattdessen verliert sich der Autor in lahmen Vorträgen über amerikanisch-japanische Wirtschaftsbeziehungen. Dies ist grundsätzlich nicht uninteressant, erfolgt aber unglücklicherweise weitestgehend durch das Ausreizen aller möglichen Japan-Klischees. Der ach so schlaue Berater John Connor palavert endlos über die fremde Kultur und weiß offenbar genau wie Japaner so ticken: Der Japaner tut dies, der Japaner tut das… Ihm gegenüber gestellt wird dann eine weitere Nebenfigur, die den Asiaten nicht sonderlich wohl gestimmt ist und die wohl die amerikanischen Ängste anlässlich der damaligen ausländischen Investitionen repräsentieren soll. Folglich entsteht ein schier endloser Schlagabtausch, der aber leider sehr oberflächlich bleibt. Erst im letzten Drittel widmet sich Crichton dann wieder verstärkt seiner Geschichte und hat auch noch die ein oder andere Überraschung parat, was allerdings nichts mehr daran ändern kann, dass das Buch insgesamt einen sehr durchwachsenen Eindruck macht.

Der Sprecher:
Wie schon die anderen Hörbuchumsetzungen der Crichton-Werke hat man sich auch diesmal für Oliver Rohrbeck entschieden, den die meisten wohl als Synchronstimme von Ben Stiller oder als Sprecher der „Die drei ???“-Hörspiele kennen. Die Besetzung Rohrbecks für einen Thriller mag den ein oder anderen vielleicht überraschen, doch er hat nicht zuletzt bei „Jurassic Park“ oder „Airframe“ bewiesen, dass er auch ernstere Stoffe glaubwürdig präsentieren kann.

Oliver Rohrbeck als Japanisch-Crack mit Hang zur Übertreibung

So liefert Oliver Rohrbeck auch bei „Nippon Connection“ eine insgesamt gute Leistung ab, wobei vor allem die Umsetzung der vielen japanischen Dialoge Respekt verlangt. Ob die Aussprache dabei immer korrekt ist, vermag ich aufgrund meiner nicht vorhandenen Japanisch-Kenntnisse nicht zu beurteilen, allerdings kommen Rohrbeck die Sätze flüssig über die Lippen und wirken recht authentisch. Was mich hingegen ein wenig gestört hat, ist die zuweilen etwas übertriebene Darstellung der Protagonisten. Vor allem der Japan-Kritiker Tom Graham wirkt in meinen Augen deutlich überzeichnet, sodass die Ernsthaftigkeit in diesen Passagen ein wenig verloren geht. Abgesehen davon bietet das Hörbuch aber eine insgesamt gelungene Sprecherleistung.

Schlussfazit:
Ich bin wirklich ein großer Fan der Michael-Crichton-Romane, doch „Nippon Connection“ ist der erste Titel des Autors, der mich leider nicht überzeugen konnte. Die Story ist zwar recht passabel, allerdings wenig raffiniert und arm an überraschenden Wendungen. Darüber hinaus nerven die ständigen amerikanisch-japanischen Konflikte auf Dauer doch sehr und stellen die Geduld des Hörers ernsthaft auf die Probe. Hier greift der Autor meiner Meinung nach viel zu sehr auf platte Klischees zurück, was auch für die eher farblosen Charaktere gilt.

Überlanger Wirtschaftsthriller, der hinter den Erwartungen zurückbleibt

Insgesamt wirkt „Nippon Connection“ für die doch eher simpel gestrickte Handlung viel zu aufgeblasen und hätte mit ein paar Streichungen deutlich packender werden können. Wer sich für die japanische Kultur besonders interessiert, für den könnte das Hörbuch möglicherweise etwas sein, doch allen anderen sei vielleicht eher die Verfilmung des Romans mit Sean Connery und Wesley Snipes ans Herz gelegt. Ich habe zwar „Die Wiege der Sonne“ selbst noch nicht gesehen, doch für gut zwei Stunden erscheint mir die Geschichte doch deutlich geeigneter als für ein 13 Stunden langes Hörbuch.

Meine Wertung: 6/10

Informationen:
Das Hörbuch „Nippon Connection“ von Michael Crichton hat eine Länge von 13 Stunden und 05 Minuten und ist ungekürzt für 20,95 € bei audible.de erhältlich. Flexi-Abonnenten zahlen wie gewohnt nur 9,95 €. Weitere Informationen gibt es auf der Detail-Seite bei audible.de.

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