Autor: Thorsten Nesch
Umfang: 224 Seiten
Verlag: rororo rotfuchs
Erscheinungsdatum: 01. Februar 2012

Klappentext:
BSSSB! Mit einem Stromschlag im Physikunterricht fängt die ganze Katastrophe an. Als Elizabeth und Frank wieder zu sich kommen, haben sie die Körper getauscht! Elizabeth, Klassenschönheit und Töchterchen aus reichem Hause, steckt im Körper von Frank, genannt Schnodder, dem Assi mit der ständig laufenden Nase. Bis sie eine Lösung finden, beschließen die beiden, das Leben des anderen einfach mitzuspielen. Elizabeth muss jetzt in einer völlig versifften Bude mit Franks Erzeuger Harry hausen. Doch Schnodder-Frank stellt schnell fest, dass das Leben in einer Villa mit Pool gar nicht so übel ist– vor allem weil er jetzt direkten Zugang zu Elizabeths Brüsten hat! Wozu eigentlich zurücktauschen?

Zum Roman:
Mittwochmorgen, erste Schulstunde, Physikunterricht: Als Herr Berntchen ein Physikexperiment ankündigt, das in Zweierteams durchgeführt werden soll, bricht bei Klassen-Beauty Elizabeth Panik aus. Ihre Sitznachbarin Clarissa ist bisher noch nicht aufgetaucht, und sollte sich das nicht innerhalb der nächsten Minuten ändern, wird sie den Versuch vermutlich mit ihrem leicht aufdringlichen Physiklehrer machen müssen. Es kommt jedoch noch schlimmer, denn als der prollige Außenseiter Frank wie so oft verspätet den Klassenraum betritt, wird er direkt Elizabeth als Partner zugeteilt. Davon ist diese jedoch alles andere als begeistert, schließlich will die Tochter aus gutem Hause sich auf keinen Fall mit dem schnoddrigen Typen abgeben. Folgerichtig zicken sich die beiden pausenlos an, der Versuch geht ebenfalls schief und beide bekommen einen heftigen Stromschlag verpasst. Als sie wieder zu sich kommen, werden sich Frank und Elizabeth aber erst über das Ausmaß der Katastrophe bewusst, denn bei dem missglückten Experiment haben die Schüler unfreiwillig die Körper getauscht.

Sowohl für Frank als auch für Elizabeth ist das ein riesiger Schock. Während sich die beiden erst einmal mit ihrem neuen Schicksal abfinden müssen, gilt es zudem, den Rollentausch zunächst geheim zu halten. Wer würde ihnen auch schon glauben, wenn sie die Wahrheit erzählen würden? So müssen Elizabeth und Frank vorerst im Körper des anderen leben, bis ihnen eine Lösung des Problems einfällt und sie sich wieder zurücktauschen können. Zuvor steht für Frank jedoch Elizabeths Reittraining auf dem Programm, während die Klassenschönheit zum Boxen muss und die Nacht in Franks verwahrloster Wohnung mit dessen freizügigem Vater verbringen „darf“…

Die Grundidee des unfreiwilligen Körpertausches ist sicherlich nicht neu und meistens dann besonders reizvoll, wenn die Betroffenen in ihren Persönlichkeiten grundverschieden sind. Das dies in Thorsten Neschs neuem Jugendroman „Verkehrt!“ der Fall ist, wird schon in den jeweils ersten Szenen mehr als deutlich. Während die schöne Elizabeth sich am Morgen sorgsam für den neuen Schultag zurechtmacht und auf die richtige Kleidung und das passende Make-up großen Wert legt, wacht Frank – Spitzname „Schnodder“ – in seinem völlig verdreckten Zimmer auf, frühstückt noch schnell mit den herumliegenden Cola- und Chipsresten vom letzten Abend und ist wie immer zu spät dran. Genauso unterschiedlich wie die Hauptfiguren ist auch ihr soziales Umfeld. Auf der einen Seite das wohlbehütete Oberschicht-Töchterchen in der Stadtvilla, die morgens von ihrer Mutter im Cabrio zur Schule gefahren wird – und auf der anderen Seite der typische Asoziale. Versiffte Wohnung, der Vater kümmert sich mehr um seine blutjungen Betthäschen als um die Erziehung des Sohnes und Schule steht in der Wichtigskeitsskala auch eher am unteren Ende. Logisch, dass hier der große Kulturschock nicht lange auf sich warten lässt…

Was schon nach wenigen Seiten auffällt, ist der erfrischende und freche Humor der Geschichte. Vor allem Frank hat mit seiner direkten Art schnell die Lacher auf seiner Seite. Besonders gut haben mir hier die Szenen mit seinem Chaos-Vater Harry gefallen, in denen beide kein Blatt vor den Mund nehmen. Doch auch das „Püppchen“ Elizabeth kann durchaus verbal austeilen, ist aber meistens eher die Leidtragende von Franks Witzen. Die Gag-Dichte ist über die gesamte Länge des Romans recht hoch, wenngleich der Humor eher wenig subtil ist. Teilweise geht es hier schon recht derb zur Sache und nicht wenige Sprüche können eine gewisse Anzüglichkeit nicht verbergen. Auch vom Schreibstil her ist „Verkehrt!“ weitestgehend schlicht gehalten, was aber nicht wirklich überrascht, da es sich schließlich um ein Jugendbuch handelt. Trotzdem kann man die Geschichte auch als Erwachsener recht gut lesen, da diese locker-leicht und abwechslungsreich geschrieben ist. Was mir beim Lesen aber mehrmals negativ aufgestoßen ist, ist die ungewohnte Schreibweise bei der direkten Rede. Warum man hier durchgängig auf Anführungszeichen verzichtet hat und stattdessen auf einen einleitenden Gedankenstrich zurückgreift, hat sich mir immer noch nicht erschlossen. Angenehm empfand ich hingegen die Kennzeichnung der Kapitel durch die schon auf dem Cover verwendeten Ampelmännchen. Da sowohl die Frank- als auch die Elizabeth-Szenen aus der Ich-Perspektive geschrieben sind, ist dieser einleitende Hinweis nämlich sehr hilfreich, da man anhand des Geschlechts der Figur direkt erkennen kann, welcher Charakter gerade an der Reihe ist. Vor allem bei dem etwas verwirrenden Anfang des Rollentausches erleichtert dieser kleine Kniff das Lesen doch ungemein.

Bei der Story greift Thorsten Nesch zwar wie bei den Hauptfiguren auf einige Klischees zurück (z.B. geht die wohlhabende Elizabeth zum Reittraining, während der grobschlächtige Proll natürlich zum Boxen geht, da man bei Franks „Hackfresse“ eh nicht mehr viel zerstören kann…), trotzdem bleibt der Rollentausch durchgängig recht unterhaltsam, vor allem da Frank immer mehr Gefallen an dem neuen Körper findet. Das liegt nicht nur an der tollen Villa und den anderen materiellen Annehmlichkeiten, sondern auch an der Tatsache, dass man als Mädchen plötzlich Zugang zu völlig neuen Bereichen bekommt (Stichpunkt: Frauenkörper…). Diese veränderte Situation bringt zusätzlichen Reiz mit sich, außerdem sorgen die äußeren Umstände auch noch für verstärkten Zeitdruck, denn Elizabeth soll in wenigen Tagen zu ihrem im Ausland arbeitenden Vater nach Singapur fliegen – bis dahin müssen die Körper zurückgetauscht sein.

Mein Fazit:
„Verkehrt!“ von Thorsten Nesch ist ein flotter und witziger Jugendroman, der allerdings schon sehr auf die Zielgruppe der pubertierende Jugendlichen zugeschnitten ist. Dabei merkt man der Geschichte bisweilen deutlich an, dass sie von einem Mann geschrieben wurde, denn der Humor ist über weite Strecken schon etwas freizügig und aus einer eher männlichen Sicht, bleibt dabei aber immer auf einem für einen Jugendroman vertretbaren Niveau. Trotzdem sorgt der unterhaltsame Rollentausch auch bei einem älteren Publikum für einige Lacher, der Anspruch des Romans ist aber nicht wirklich hoch, was man auch an einfachen Schreibstil erkennen kann. Nesch bedient sich einer ganzen Reihe von Klischees, allerdings bin ich fast schon geneigt, dies als notwendig für die Handlung zu betrachten, denn sonst würde diese vermutlich nicht funktionieren. Es werden eben die typischen Probleme heranwachsender Mädchen und Jungen thematisiert, sei es das Ansehen im Klassenverbund, erste Erfahrungen mit dem anderen Geschlecht oder das Verhältnis zu den eigenen Eltern. Für die Zielgruppe der 12- bis 16-Jährigen ist „Verkehrt!“ daher mit Sicherheit eine Empfehlung wert und garantiert ein paar Stunden amüsanter Unterhaltung, aus Sicht eines Erwachsenen fehlt mir hingegen etwas der Anspruch und die Identifikation mit den Hauptfiguren. Als Jugendlicher darf man daher auf meine Wertung noch einen Punkt draufpacken…

Meine Wertung: 7/10

Informationen:
„Verkehrt!“ von Thorsten Nesch ist Rowohlt Verlag erschienen und hat einen Umfang von 224 Seiten. Das Buch ist für 7,99 € als Taschenbuch erhältlich. Weitere Infos gibt es auf der Verlags-Homepage. An dieser Stelle auch noch ein Dankeschön an den Verlag und an Autor Thorsten Nesch, die mir das Buch zum Rezensieren zur Verfügung gestellt haben.

Kommentar verfassen:

Cancel

Eine Anwort zu diesem Beitrag

  • sehr schöne Rezension, vielen lieben Dank! klasse Zusatz: „Als Jugendlicher darf man daher auf meine Wertung noch einen Punkt draufpacken…“ – so soll es sein 🙂