Autor: Stephen King
Sprecher: David Nathan
Länge: 29 Std. 08 Min. (ungekürzt)

Inhaltsbeschreibung von audible.de:
Ein merkwürdiger Fremder eröffnet den Laden „Needful Things“ in Castle Rock. Die Bewohner des friedliebenden Städtchens finden dort die Raritäten, mit denen sie ihre geheimsten Sehnsüchte und Wünsche erfüllen können. Alles hat seinen Preis: aber neben Geld verlangt Leland Gaunt Gefälligkeiten. Die Kunden sollen anderen Einwohnern harmlose Streiche spielen. Schon binnen eines Wochenendes eskaliert der Spaß, es kommt zu Mord und Totschlag, stets gesteuert von Leland Gaunt, der seinen Käufern zusätzlich automatische Waffen verkauft. Einzig Alan Pangborn, der Sheriff des Ortes, zieht die richtigen Schlüsse und versucht Herr des ausbrechenden Chaos zu werden …

Zum Hörbuch:
Castle Rock ist ein beschauliches kleines Städtchen in Maine. Allzu viel aufregendes gibt es dort nicht zu sehen und zu unternehmen, und so sorgt es für großes Aufsehen, als ein Fremder in den Ort kommt und dort einen kleinen Laden eröffnet. „Needful Things“ heißt das Geschäft, doch anfangs weiß niemand so genau, was dort eigentlich verkauft wird. Als erster verirrt sich eher zufällig der elfjährige Brian Rusk in den Laden, wo er auf den sehr freundlichen und charmanten Besitzer Leland Gaunt trifft. Brian wird auch gleich sein erster Kunde, als Gaunt dem begeisterten Baseballfan eine besonders seltene Sammelkarte von Sandy Koufax zeigt, noch dazu mit persönlicher Widmung. Der Junge kennt den hohen Wert der Karte und ist erstaunt, als Gaunt nur 85 Cent für das Sammlerstück haben möchte. Neben dem eigentlichen Verkaufspreis muss Brian aber auch noch eine zweite Bezahlung leisten, diese aber in Form eines kleinen Streiches, den er einem der Stadtbewohner spielen muss.

Schnell zieht „Needful Things“ weitere Käufer an und immer scheint Leland Gaunt genau die Dinge im Angebot zu haben, die sich der jeweilige Kunde am sehnlichsten wünscht. Sei es ein gläsener Lampenschirm, ein Fuchsschwanz fürs Auto, eine Sonnenbrille von Elvis Presley oder ein Spielzeug, welches den Ausgang von Pferderennen voraussagen kann – nach kurzer Zeit ist fast jeder Einwohner Castle Rocks Kunde bei Mr. Gaunt. Alle sind begeistert von den niedrigen Preisen der scheinbaren Raritäten und sind daher nur allzu bereit, ihre Gegenleistung in Form eines Streiches zu erbringen. Zumal diese anfangs auch eher harmloser Natur sind, wie zum Beispiel das Beschmutzen sauberer Wäsche mit Schlamm. Doch diese Streiche arten immer mehr aus und hetzen die Bewohner Castle Rocks immer weiter gegeneinander auf…

„In einer kleinen Stadt. Needful Things“ ist bereits im Jahr 1991 erschienen und wurde nun von Audible.de wie zuvor schon „ES“, „Christine“ und „Sie“ erstmals ungekürzt als Hörbuch herausgegeben. Insgesamt hat die Produktion eine stolze Länge von 29 Stunden, doch wer hier Langeweile befürchtet, dem kann gleich Entwarnung gegeben werden. „Needful Things“ startet direkt mit einem famosen Prolog, in dem der Hörer nämlich in die Stadt Castle Rock eingeführt wird und ihm eine Reihe von Personen sowie der neue Laden vorgestellt werden. Dabei beginnt alles scheinbar ganz harmlos in der meist ruhigen Kleinstadt. Ein neues Geschäft öffnet und die ersten Kunden werden begeistert vom Ladenbesitzer empfangen. Dieser gibt sich offen und charmant, hat immer Zeit für einen kleinen Plausch und scheint genau zu wissen, was sich seine Kunden am sehnlichsten wünschen.

So ist eigentlich auch niemand in der Lage, ihm ein Geschäft abzuschlagen, noch dazu weil die Preise für die Erfüllung der Herzenswünsche scheinbar unschlagbar günstig sind. Der erwähnte Brian Rusk muss für die seltene Sammelkarte aus den 1950ern beispielsweise nur ein Hundertstel des eigentlichen Wertes bezahlen und so wie ihm geht es auch den anderen Kunden. Als der Handel schon so gut wie abgeschlossen ist, macht Gaunt ihnen jedoch stets klar, dass der Gegenstand erst dann endgültig in ihren Besitz übergeht, wenn sie auch den zweiten Teil ihrer Bezahlung geleistet haben – den besagten Streich, der einem Nachbarn oder Bekannten gespielt werden muss. Anfangs sorgt das noch vereinzelt für Skrupel, vor allem bei der religösen Sally Ratcliffe oder der aufrichtigen Polly Chalmers, doch größtenteils aus Habgier sind die Kunden dann doch schnell zu diesem Tausch bereit. Allerdings währt die Freude über ihre Einkäufe meist nicht sehr lange, denn die Bewohner sind schnell völlig besessen von ihren Gegenständen und halten ihren Besitz geheim, aus Angst dass dieser gestohlen oder zerstört werden könnte.

Besonders auffallend ist natürlich die Person des Leland Gaunt, dem Besitzer von „Needful Things“. Dieser wirkt zum Einstieg in die Geschichte unglaublich sympathisch, wenngleich er mit seinen langen dürren Fingern oder seinen merkwürdigen Zähnen schon etwas eigentümlich aussieht. Doch schnell zieht er seine Besucher in seinen Bann, ist immer freundlich und scheinbar nur am Wohlergehen seiner Kundschaft interessiert. Zudem scheint er große Freude am Handeln zu haben und feilscht mit großem Einsatz um den Kaufpreis der Raritäten. Hat der Kunde dem Kauf aber erst einmal eingewilligt und den ersehnten Gegenstand in seinen Besitz genommen, zeigt sich schnell das andere Gesicht des Leland Gaunt. Aus dem offenen Verkäufer wird dann ein herrischer und furchteinflößender Mann, der vehement auf die Einhaltung der Abmachungen (und damit die Ausführung der Streiche) besteht und die Käufer auch in ihren Gedanken verfolgt. Noch dazu werden seine Streiche immer bösartiger und er spielt die Einwohner Castle Rocks gezielt gegeneinander aus, in dem er lange schwelende Konflikte anfeuert und die niedersten Instinkte seiner Kunden anspricht: Eifersucht, Habgier, Rachsucht und Neid. So dauert es nicht lange bis es zu ersten Handgreiflichkeiten mit fatalen Auswirkungen kommt und die beschauliche Kleinstadt in Chaos und Anarchie gestürzt wird.

Stephen King gibt sich große Mühe bei der Charakterisierung seiner Figuren und hat für jeden Protagonisten eine eigene Hintergrundgeschichte ersinnt, welche die Motive der Menschen begründet und ihre Entscheidungen nachvollziehbar macht. Ob cholerischer Stadtrat, traumatisierte Witwe oder streng gläubige Sprachtherapeutin – nahezu jede Person bekommt die gleiche Aufmerksamkeit geschenkt. Das erzeugt ein sehr stimmiges Bild der Kleinstadt Castle Rock und man fühlt sich fast selbst wie ein Einwohner, der die ganzen Beziehungen, Gerüchte und die Vergangenheit der einzelnen Menschen kennt. Allerdings ragt neben Leland Gaunt noch eine weitere Figur heraus: Sheriff Alan Pangborn. Seine Frau und einer seiner beiden Söhne sind bei einem Verkehrsunfall gestorben und sein zweiter Sohn Al hat sich seit dieser Tragödie von ihm zurückgezogen. Mittlerweile lebt er mit Polly Chalmers zusammen, die an schwerer Arthritis leidet, er macht sich aber immer noch Vorwürfe bezüglich des Unfalls, zumal viel darauf hindeutet dass seine Frau vielleicht sogar Selbstmord begangen hat. Als Sheriff sorgt er für Recht und Ordnung, was in einer Kleinstadt wie Castle Rock eigentlich nicht allzu schwierig ist, da es dort kaum zu ernsthaften Verbrechen kommt. Mit der Eröffnung von „Needful Things“ ändert sich das aber schlagartig und Mord und Totschlag nehmen Einzug in Castle Rock. Pangborn sieht sich mit den Folgen von Leland Gaunts Streichen konfrontiert, kann aber keinen Zusammenhang herstellen, da er selbst bisher weder den Laden noch seinen Besitzer gesehen hat. Das liegt einerseits an Zufällen, die ihm dazu nicht die Zeit lassen, aber auch daran dass Gaunt den Sheriff als aufgeweckten Mann ausgemacht hat, den man nicht so leicht ausspielen kann wie die anderen Einwohner. So sieht er Pangborn als Gegenspieler und möglichen Risikofaktor beim Umsetzen seines diabolischen Planes und nimmt von einer direkten Konfrontation eher Abstand.

Stephen King hat hier wirklich eine beeindruckende Geschichte geschaffen, die den Hörer von der ersten Minute an fesselt. Interessante Charaktere, ein toll beschriebenes Setting sowie eine simple und dennoch faszinierende Grundidee – „Needful Things“ zieht einen schnell in seinen Bann. Ungläubig und schockiert verfolgt man den schleichenden Niedergang einer Kleinstadtidylle, kann aber die Motive der handelnden Figuren allen Grausamkeiten zum Trotz stets nachvollziehen. Allerdings ist auch „In einer kleinen Stadt“ nicht perfekt. So wird es gerade am Ende etwas unübersichtlich, was vor allem an der hohen Anzahl der Protagonisten liegt. In den letzten Stunden ist es schwierig, den Überblick zu behalten, wer nochmal genau wem welchen Streich gespielt hat und es geht schon arg drunter und drüber, was aber andererseits auch zum Chaos in der Stadt passt. Zudem ist es fragwürdig, dass nicht eine einzige Person mal darauf kommt, die ihm widerfahrenen Streiche zu hinterfragen und auch als solche zu erkennen. Gerade wenn man selbst von der Natur der Streiche weiß und selbst schon einen gespielt hat, könnte man ja mal darauf kommen dass auch einem selbst übel mitgespielt werden könnte. Doch stattdessen rennt jeder gleich zum vermeintlichen Übeltäter und schießt ihn vorsichtshalber mal direkt über den Haufen. Außerdem wiederholt sich das Prinzip mit zunehmender Spieldauer recht häufig und King gehen am Ende etwas die frischen Ideen aus. Doch das ist alles ehrlich gesagt Meckern auf sehr hohem Niveau.

Zum Sprecher:
Wie die anderen oben erwähnten Stephen King-Titel wurde auch „In einer kleinen Stadt. Needful Things“ wieder von David Nathan eingelesen. Für diese Entscheidung kann man Audible wirklich nur gratulieren, denn das Duo Nathan/King passt wirklich wie die Faust aufs Auge. Wieder einmal liefert Nathan eine grandiose Sprecherleistung ab und wird von der Vorlage aber auch endlich mal richtig gefordert. So muss er eine große Palette an Emotionen abrufen: Angst, Wut, Hass, Liebe, Zweifel, Zerrissenheit – Nathan beherrscht scheinbar alles in Perfektion. Vor allem die Facetten von Mr. Gaunt werden hervorragend umgesetzt, ganz gleich ob freundlicher und charmanter Geschäftsmann oder diabolischer Seelenkäufer. Um es auf den Punkt zu bringen: Ein absoluter Genuss für die Ohren. Bitte noch viel viel mehr davon!

Mein Fazit:
Mit Stephen King ist das ja so eine Sache: entweder man liebt seine Werke oder man kann vermutlich gar nichts damit anfangen. An „In einer kleinen Stadt: Needful Things“ gibt es aber kaum etwas auszusetzen. Mit diesem Buch ist dem Autor ein toller Roman gelungen, der geschickt mit Themen wie Habgier oder einer vermeintlichen Kleinstadtidylle spielt und aus einem harmlosen und beschaulichen Ort wie Castle Rock einen absoluten Albtraum macht. Alle Charaktere sind sehr sorgsam entwickelt und handeln glaubwürdig, wobei natürlich besonders Mr. Gaunt und der Sheriff hervorstechen. Zudem ist das Grundprinzip mit den kleinen Streichen einfach eine hervorragende Idee, die King auch bis zum äußersten konsequent forführt. Zwar wird es zum Ende hin etwas unübersichtlich und man muss auch die ein oder andere Wiederholung in Kauf nehmen, doch zusammen mit einem wie entfesselt lesenden David Nathan ergibt dies immer noch einen absoluten Pflichtkauf für Horror-Fans.

Meine Wertung: 9/10

Informationen:
Das Hörbuch „In einer kleinen Stadt. Needful Things“ von Stephen King hat eine Länge von 29 Std. und 08 Min. und ist ungekürzt für 34,95 Euro bei audible.de erhältlich. Kunden mit Flexi-Abo bezahlen wie gewohnt nur 9,95 Euro. Weitere Infos gibt es auf der Detail-Seite bei audible.de

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2 Antworten zu diesem Beitrag

  • Eine sehr gute Rezension, hab vielen Dank dafür. Gelesen habe ich sie allerdings nur, weil ich das Hörbuch bereits gehört habe, ansonsten hättest du mir schon viel zu viel verraten 😉

    Ganz liebe Grüße, Sunsy

Pings: