Autor: Dietrich Faber
Umfang: 288 Seiten
Verlag: Rowohlt Polaris
Erscheinungsdatum: 01. November 2011

Klappentext:
Faschingsumzug im Vogelsberg: Jubel, Trubel, Heiterkeit, und am Ende wird ein Mann erschlagen. Der Tote war verkleidet: als Tod.

Kriminalhauptkommissar Henning Bröhmann passt das überhaupt nicht. Er ist nämlich am selben Tag von seiner Frau verlassen worden und muss nun nicht nur einen Mord aufklären, sondern sich auch um Kinder, Haus und Hund Berlusconi kümmern. Wobei nicht ganz klar ist, was mehr schlaucht: die Suche nach dem Täter, der Alltagskampf mit einer schwer pubertierenden Tochter oder die Frondienste in der Kindertagesstätte «Schlumpfloch».

Die Ermittlungen in Sachen Sensenmann führen direkt in die Schattenwelt der mittelhessischen Faschingskultur, zum Stimmungsmusiker Herr Bärt, der mit dem Schlager «Lass uns fummeln, Pummel» zu zweifelhaftem Ruhm gelangt ist. Sie führen außerdem zum depressiven Sohn des Toten, zu schrecklichen Comedy-Galas, jahrzehntelang totgeschwiegenen Schweinereien, mancherlei Liebeswirrungen, einem Verhör in einer finnischen Feng-Shui-Sauna und am Ende zu einem so dramatischen wie überraschenden Finale.

Zum Roman:
„Natürlich wäre es viel cooler, wenn ich nicht ich wäre.“ Mit diesem Satz beginnt Dietrich Fabers Debütroman „Toter geht’s nicht“ – und dieser Satz trifft die Situation seiner Hauptfigur Henning Bröhmann auf den Kopf. Bröhmann ist Kriminalhauptkommissar im hessischen Vogelsberg. Die Kriminalitätsrate in der wenig besiedelten Region tendiert gegen Null und so bastelt der Polizist vielmehr an Broschüren zum Thema Verkehrssicherheit als gefährliche Verbrecher zu jagen. Nach Hennings eigener Auffassung ist das jedoch gar nicht so schlimm, denn eigentlich ist er mit seinen Fähigkeiten für die Stelle des Kriminalhauptkommissars eher ungeeignet. Diese Position sollte viel lieber sein engagierter und kompetenter Kollege Markus Meirich innehaben, doch da der Polizeipräsident ein guter Freund von Hennings Vater – einem Kommissar im Ruhestand – ist, hat nun einmal Bröhmann das große Los gezogen.

Familiär könnte die Lage ebenfalls rosiger aussehen. Henning ist verheiratet mit seiner Jugendliebe Franziska, einer mittlerweile frustrierten und desillusionierten Lehrerin, mit der er zwei Kinder hat: einen fünfjährigen Sohn namens Laurin und eine 14-jährige Tochter. Melina steckt mitten in der Pubertät, macht ihren Eltern das Leben zur Hölle und geht zum örtlichen Faschingsumzug als Nutte. Und dann wäre da noch der furzende Familienhund Berlusconi, der jeder Hündin hinterhersteigt.

Völlig unverhofft fällt Henning Bröhmann dann auch noch der Himmel auf den Kopf. Seine Frau eröffnet ihm plötzlich, dass sie eine Auszeit braucht und erstmal eine Weile für sich sein muss – der klassische Fall von Burnout. Da kann auch Hennings Einwand „das ist ja jetzt so ‘ne Art Mode“ nichts mehr retten – Franziska flüchtet zur Erholung nach Borkum und lässt den Kommissar mit Kindern und Hund zurück. Als würde diese neue Situation Bröhmann noch nicht genug überfordern, passiert ausgerechnet jetzt auch noch ein Mord. Auf einem Karnevalsumzug, einem der wenigen gesellschaftlichen Highlights der Region, wurde der Tod persönlich erschlagen – naja, zumindest ein Mann im Sensenmannkostüm. Toter geht’s also sozusagen nicht. Henning hofft, dass sein Kollege Meirich den schweren Fall schon richtig handhaben wird, und ist dann umso geschockter, als dieser sich plötzlich auf unbestimmte Zeit krankmeldet…

Mir hatte ja bereits die Leseprobe, welche ich bei vorablesen.de und hier im Blog schon kommentiert hatte, wirklich außergewöhnlich gut gefallen. Schon die ersten Seiten begeisterten durch tollen Humor und eine interessante Hauptfigur. Umso erfreuter war ich dann, als ich tatsächlich ein Vorabexemplar zum Rezensieren gewonnen hatte. Überraschenderweise gelingt es dem Autor Dietrich Faber, das hohe Einstiegsniveau fast über die gesamte Distanz zu halten, so viel sei bereits vorab verraten.

Dazu trägt vor allem die Hauptfigur des Henning Bröhmann bei. Dieser ist in allen Belangen sowas von durchschnittlich, dass er sich hervorragend als Identifikationsfigur eignet. Mäßig erfolgreich in seinem Job, gesegnet mit den typischen Familienproblemen und ausgestattet mit einem wunderbar zynischen und sarkastischem Humor. So ist es herrlich zu erleben, wie dieser sich als nun alleinerziehender Vater mit seiner Rest-Familie herumschlagen muss. Ob Diskussionen mit Kindergarten-Diktator Wolle über die Essensplanung in der „reformpädagogischen elternselbstorganisiertundverwalteten Kindertagesstätte Schlumpfloch e.V.“ oder Aufgabenverteilung an die „käufliche“ Tochter Franziska mittels Belohnungskatalog – Henning Bröhmann versucht mit allen Mitteln, Ordnung in das häusliche Chaos zu bekommen.

Obendrein hat er natürlich noch den Mordfall am Hals. Wer hier jedoch jetzt einen anspruchsvollen Krimi mit zahlreichen Verdächtigen, Motiven und falschen Spuren erwartet, wird vermutlich von „Toter geht’s nicht“ etwas enttäuscht werden. Wenn man mal ehrlich ist, ist der Kriminalfall eigentlich nicht viel mehr als schmückendes Beiwerk und dient allenfalls als Rahmen für die überschaubare Handlung. Die Anzahl der als Mörder infrage kommenden Personen kann man an drei Fingern abzählen und herausragende Ermittlungsarbeit ist für die Lösung des Falls auch nicht erforderlich. Trotzdem weiß die Story zu gefallen und wird mit fortschreitender Handlung immer besser. Zum Finale hin ist der Fall sogar richtig spannend und endet mit einer gelungenen Auflösung, die bei aufmerksamen Lesen aber nicht ganz so überraschend ist wie es der Klappentext darstellen will.

Mein Fazit:
Trotz der Schwächen in der Story hat Dietrich Fabers „Toter geht’s nicht“ meine Erwartungen absolut erfüllt. Der Roman ist über die gesamte Distanz lustig und unterhaltsam, der Humor schwankt angenehm zwischem platten Flachwitzen und hintergründigen Schmunzlern und bietet somit eine gesunde Mischung. Die Charaktere können allesamt überzeugen, ob es die Mitglieder der Familie Bröhmann sind oder Hennings Kollegen bei der Polizei – jede Figur hat ein interessantes Profil und weiß zu gefallen, sei es die ambitionierte und direkte Miriam Meisler oder der etwas „arschige“ Schleimer Teichner. Der Kriminalfall ist nett, zwar nichts für anspruchsvolle Krimifans, bietet aber dafür einen überzeugenden Schluss. Somit bleibt an Dietrich Fabers Debüt eigentlich nicht viel auszusetzen. Ich habe mich jederzeit gut unterhalten gefühlt und freue mich schon auf den nächsten Roman mit Hauptkommissar Henning Bröhmann (welcher bereits angekündigt ist). Wer auf amüsante Provinzkrimis wie zum Beispiel die Rita Falk-Bücher steht, macht mit einem Kauf nicht viel falsch.

Meine Wertung: 8/10

Informationen:
„Toter geht’s nicht“ von Dietrich Faber ist im Rowohlt Verlag erschienen und hat einen Umfang von 288 Seiten. Das Buch ist für 13,95 € als gebundene Ausgabe erhältlich. Weitere Infos gibt es auf der Verlags-Homepage. An dieser Stelle auch noch ein Dankeschön an den Rowohlt Verlag sowie vorablesen.de, die mir das Buch vorab zum Rezensieren zur Verfügung gestellt haben.

Kommentar verfassen:

Cancel

3 Antworten zu diesem Beitrag

  • Hey,

    du schreibst:

    „Zum Finale hin ist der Fall sogar richtig spannend und endet mit einer gelungenen Auflösung, die bei aufmerksamen Lesen aber nicht ganz so überraschend ist wie es der Klappentext darstellen will.“

    Meinst du damit die Auflösung, wer Bröhmanns Chatpartnerin ist oder die Frage nach dem Täter? Letzteres fand ich nämlich schon überraschend. Hattest du das echt geahnt?

    hab das Buch auch grad gelesen und rezensiert (http://juiced.de/9733/toter-gehts-nicht-mann-oder-memme.htm). Ich fand es auch gut, aber mir wars zwischendrin eine Spur zu sehr gewollt „lustig“. Aber alles in allem stimme ich dir schon zu.

    Viele Grüße

    • Hi,

      wer hinter der Chatpartnerin steckt ist ja schnell recht offensichtlich.

      Aber auch bei der Suche nach dem Täter hatte ich ausnahmsweise mal relativ früh die richtige Ahnung. Ich war mir zwar bis kurz vor Schluss nicht wirklich sicher aber als Möglichkeit hatte ich das schon in Betracht gezogen.

      SPOILERWARNUNG:
      Wenn man sich die Passagen dieser Person im Nachhinein nochmal anguckt, gibt es da schon ein paar Hinweise. So spricht sie recht häufig von Schuld und was sie getan hätte. In einer Szene träumt sie sogar dass sie hingerichtet wird. Man denkt natürlich beim ersten Lesen leicht dass sich diese Aussagen auf die familiäre Situation beziehen, aber man kann das auch anders interpretieren…

  • Spoilerwarnung:

    Ja, du hast Recht. Im Nachhinein finde ich es auch klar. Irgendeinen Auslöser für ihren überstürzten Weggang muss es ja gegeben haben. Außerdem gab es sonst ja niemanden, der noch als Täter in Betracht gekommen wäre. So groß war der Personenkreis ja nicht…